AKTIONSWOCHE : ver.di-Umfrage: Viele Auszubildende fühlen sich als billige Arbeitskraft

6. November 2016 // zwd Berlin (hr/ticker).

  • Auch fehlende Perspektive als demotivierender Faktor
  • Bsirske: „Betriebs- und Personalräte sorgen für bessere Ausbildungsbedingungen“

  • Fast die Hälfte der Auszubildenden und jungen Beschäftigten fühlt sich als billige Arbeitskraft angesehen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Repräsentativumfrage unter 16- bis 27-Jährigen, die die Gewerkschaft ver.di durchführen ließ. Zudem klagt annähernd jede/r Zweite über Überstunden, körperliche Belastung oder zu viele Arbeitsaufgaben. Anlass ist die ver.di-Aktionswoche „Gute Ausbildung – gute Arbeit“, die am Montag bundesweit startete.

    Neben dem Arbeitsdruck sind der Umfrage zufolge auch fehlende Perspektiven Stimmungskiller bei den jungen Menschen: Nur jeder Zweite erhält eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung. „Das ist hochgradig demotivierend und alarmierend zugleich, zumal die Zufriedenheit mit der Qualität der dualen Berufsausbildung grundsätzlich sehr hoch ist“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske (Foto) bei der Vorstellung der Umfrage heute in Berlin. Demnach sind über 80 Prozent der jungen Menschen im Allgemeinen zufrieden mit ihrer Berufsausbildung. In mitbestimmten und tarifgebundenen Betrieben ist die Rate noch höher: Bis zu 87 Prozent fühlen sich dort durch ihre Berufsausbildung auf die Arbeitswelt gut vorbereitet. Mitglieder einer Gewerkschaft kommen zu einer noch positiveren Wahrnehmung ihrer Ausbildungssituation: 89 Prozent sind hier mit der Qualität zufrieden.

    „Das heißt: Da, wo es Betriebs- und Personalräte gibt und wo Gewerkschaften eine gestaltende Rolle haben, werden bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen geschaffen als dort, wo Mitbestimmungsstrukturen und Gewerkschaften fehlen oder sogar behindert werden“, so Bsirske. „62 Prozent der jungen Menschen finden deshalb laut Umfrage, dass Gewerkschaften ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung sind“, sagte er.

    Die Tarifflucht der letzten Jahre sorge für Unzufriedenheit unter den Beschäftigten, die auch der gute Ruf der Ausbildungsqualität nicht zukleistern könne, mahnte der Gewerkschafter. Wer das Potential junger Fachkräfte langfristig halten wolle, müsse daher bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen schaffen, „mit Mitbestimmungsstrukturen und einer Stärkung der Tarifbindung.“ Gerade in Zeiten des digitalen Wandels seien Tarifverträge Eckpfeiler für die Stabilität des Betriebsfriedens, betonte Bsirske. Er lud die Arbeitgeber ein, ihre Betriebe mit der Gewerkschaft positiv zu gestalten und zu Tarifverträgen zurückzukommen. Neueste Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen: Nur noch 15 Prozent der Betriebe sind in Deutschland tarifgebunden.

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