ALLENSBACH-STUDIE : Die Mehrzahl der Jugendlichen glaubt nicht an Chancengleichheitsversprechen

25. November 2012 // zwd Berlin (sb).

Eltern sollten ihre Bildungsverantwortung entspannter wahrnehmen

Die Mehrheit der deutschen Jugendlichen glaubt nicht an Chancen zu einem sozialen Aufstieg. Laut einer aktuellen Vergleichsstudie „Chancengerechtigkeit durch Förderung von Kindern“ des Instituts für Demoskopie Allensbach sind dagegen ihre schwedischen Altersgenossen mehrheitlich davon überzeugt, dass sie Erfolg durch ihre eigene Leistung erzielen können. Die Gründe für die unterschiedliche Wahrnehmung der eigenen Zukunftschancen liegen nach Allensbach-Einschätzung im Bildungssystem.

„Chancengleichheit ist das Zukunftsthema in Deutschland“, heißt es in der Einleitung des deutsch-schwedischen Vergleichs. Tatsächlich meint nach den Ergebnissaen der Studie nur ein Viertel der deutschen Jugendlichen bis dreißig Jahre, dass sich ihre Anstrengungen einmal bezahlt machen werden. Die übrigen 81 Prozent dagegen seien überzeugt, Leistung lohne sich nicht. Eine solch düstere Wahrnehmung der Chancen auf einen sozialen Aufstieg teilten die Schweden nicht: Gut zwei Drittel der jungen Generation zeigten sich optimistisch, dass ihre Leistung auch entsprechend belohnt werden würde, so die Studie. Gerade in einfachen sozialen Schichten würden die Möglichkeiten zum Aufstieg in Schweden deutlich optimistischer gesehen als in Deutschland. Während aus der deutschen Unterschicht nur jeder Vierte daran glaube, dass sich eigene Anstrengung in der Regel durch einen sozialen Aufstieg auszahle, seien in Schweden 55 Prozent der Personen aus einfachen Sozialschichten davon überzeugt, geht aus der Allensbach-Studie hervor. Insgesamt sei aber ein positiver Trend in Deutschland zu beobachten: Die Auswertungen ergaben, dass die Quote derer, die an gute oder sehr gute Aufstiegschancen glauben, seit 2007 jedes Jahr weiter angestiegen ist.

Deutschen Eltern fehlt Lässigkeit

Als Grund für die unterschiedliche Wahrnehmung macht die Studie differente Einstellungen der Eltern zur Schule aus. Nur ein Drittel der schwedischen Erziehungsberechtigten sehe sich bei Bildungsfragen in der Verantwortung. Damit legten die Skandinavier eine Entspanntheit an den Tag, die auch deutschen Eltern gut zu Gesicht stünde, so die Studienmacher. Dass sich zwei Drittel der Eltern stark in der Verantwortung für den Bildungsverlauf ihres Kindes und seiner Leistungsbereitschaft sehe, resultiere aus der starken Abhängigkeit der Förderung vom Elternhaus. Wegen des finanziellen Faktors könnten sich sozial benachteiligte Familien aber kaum Förderangebote leisten – damit würde der Oberschicht ein deutlicher Vorteil eingeräumt, bemängelten die Studienmacher das deutsche System. In Schweden hingegen würde dies den staatlichen Einrichtungen überlassen.

Einen Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Wahrnehmungen der Jugendlichen stellten die Studienmacher auch über die Bildungssysteme her. Während deutsche Schüler gemessen an ihrer Leistung auf die weiterführenden Schulen verteilt werden, findet an schwedischen Grundschulen eine Leistungsbewertung in Form von Noten erst ab der achten Klasse statt. Zudem beträgt die Grundschulzeit in Schweden ganze neun Jahre – danach besuchen die meisten Kinder ein Gymnasium. Dieses sei freiwillig und kostenlos, dauere zwei bis drei Jahre und biete sowohl eher praxisorientierte, berufsvorbereitende als auch stärker theoretische, direkt auf ein Studium vorbereitende Ausbildungsgänge an, erklärten die Studienmacher.

Das Institut für Demoskopie Allensbach hat im Auftrag der Zeitschrift ‚Bild der Frau’ und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Deutschland 1.835 und in Schweden rund 1.000 Jugendliche ab 16 Jahren in einem repräsentativen Querschnitt befragt.

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