AUSSCHUSS BILDUNG UND FORSCHUNG : Grundgesetzänderung zu Art. 91 b bleibt ohne Einbeziehung der Bildung fraglich

28. November 2012 // zwd Berlin (ig).

Poker um die Reichweite der Verfassungsänderung | Wissenschaft möchte wenigstens den „Spatz in der Hand“

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des Artikels 91 b des Grundgesetzes, mit der die Zuständigkeiten des Bundes im Wissenschaftsbereich erweitert werden sollen, bleibt zwischen den Parteien umstritten. Bei einem öffentlichen Sachverständigengespräch im Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung war zwar unumstritten, dass die Kompetenzerweiterung zugunsten des Bundes aus dem Blickwinkel der Wissenschaft erwünscht ist. Doch ob die Grundgesetzänderung kommt, ist eher fraglich.

Unverändert beharren SPD, Grüne und Linke darauf, die Grundgesetzänderung auch auf den Bildungsbereich auszudehnen. Das findet aber sowohl bei den CDU/CSU-regierten Ländern Niedersachsen, Sachsen, Bayern und Hessen als auch bei der grün-rot geführten Landesregierung von Baden-Württemberg keine Gegenliebe. Für die Einbeziehung des Bildungsbereichs plädierte in der Sachverständigenanhörung die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD), die es unverantwortlich nannte, die Verfassungsänderung auf ein einzelnes Segment des gesamten Bildungsbereichs zu begrenzen. Unterstützt wurde Ahnen durch die Stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer und den Beigeordneten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Uwe Lübking. Beide betonten, dass Kooperationsverbot und die Abschaffung der gemeinsamen Bildungsplanung stünden der Weiterentwicklung eines zukunftsfähigen Bildungssystem entgegen.

Marquardt: „Jetzt das Mögliche tun“

Auch der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Prof. Wolfgang Marquardt, befürwortete die Einbeziehung der Bildung in einen neuen Grundgesetzartikel 91 b. Nach seinen Worten ist es vor dem Hintergrund des Parteienstreits wichtig, „jetzt einen mutigen Schritt nach vorn zu gehen und wenigstens für die Kooperation in der Wissenschaft zu stimmen“. Marquardts Plädoyer an die Adresse von SPD und Grünen, jetzt das Mögliche zu tun, wurde den Präsidenten der Universität Erlangen-Nürnberg, Max-Emanuel Geis, und der Humboldt-Universität Berlin, Jan-Hendrik Olbertz, nachdrücklich unterstützt. Während Geis davor warnte, Wissenschaft und schulische Bildung „in einen Topf“ zu werfen, mahnte Olbertz, angesichts der prekären Lage an den Universitäten „keine Zeit zu verlieren“. Wie Olbertz lehnte auch der Vertreter des Deutschen Landkreistages, Klaus Ritgen eine Ausweitung auf den Bildungsbereich ab: „Die Länder würden dann in einem der letzten Bereiche, wo sie das Sagen haben, die Zügel aus der Hand geben.“

SPD: Ohne Bildung keine Zustimmung

Für die SPD-Bundestagsfraktion stellte deren stellvertretender Bildungssprecher Sven Schulz (Berlin) nach der Sachverständigenanhörung klar, dass seine Fraktion dem Gesetzentwurf der Bundesregierung die Zustimmung versagen werde: „Auch mehrere Sachverständige haben deutlich gemacht, dass eine unzureichende Veränderung des Grundgesetzes heute die notwendige gute Lösung auf lange Sicht verhindern wird. Eine Grundgesetzänderung, die nur einigen wenigen Forschungseinrichtungen hilft, aber keiner einzigen Schule, ist falsch.“ Bleibt die SPD bei ihrer Haltung, fehlt dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/10956) die zur Grundgesetzänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.

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