ALLENSBACH-STUDIE : Lehrkräfte sehen Chancenungleichheit an deutschen Schulen

25. April 2013 // ticker

Umfrageergebnis: Leistungsunterschiede von SchülerInnen verschiedener sozialer Schichten haben zugenommen

(kg). Kinder gehen gerne in die Schule. Aber das trifft eher zu, wenn sie aus sozial höheren Schichten stammen – hier attestieren sich 63 Prozent der SchülerInnen gute Leistungen und mögen 42 Prozent den Schulbesuch. Aus den sozial schwächeren Schichten hingegen bescheinigen sich nur 37 Prozent der SchülerInnen gute Leistungen; dort geht lediglich jede(r) Vierte gerne zur Schule. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Hindernis Herkunft: Eine Umfrage unter Schülern, Lehrern und Eltern zum Bildungsalltag in Deutschland“, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der privaten Vodafone Stiftung durchgeführt hat.

Fast alle Lehrkräfte in Deutschland (96 Prozent) sind davon überzeugt, dass der soziale Hintergrund des Elternhauses die Leistung von Schulkindern beeinflusst – 83 Prozent halten diesen Einfluss sogar für groß bis sehr groß. Zudem zeigt die Studie, dass mehr als die Hälfte der PädagogInnen der Ansicht sind, dass die Leistungsunterschiede zwischen SchülerInnen verschiedener sozialer Schichten zugenommen haben. Ungeachtet dessen betonen LehrerInnen aber mit deutlicher Mehrheit (83 Prozent), dass die soziale Herkunft der SchülerInnen bei der Empfehlung für die Wahl einer weiterführenden Schule keine Rolle spielen sollte. Doch gehen aktuell 70 Prozent der Kinder aus privilegierten Haushalten, aber nur 30 Prozent aus sozial schwächeren Elternhäusern aufs Gymnasium.

Defizite im Elternhaus oft Ursache für Chancenungleichheit

Lehrkräfte und Eltern sind sich laut Allensbach-Ergebung einig, dass Defizite im Elternhaus eine wesentliche Ursache für Chancenungleichheit sind. Neben einem fehlenden Interesse der Eltern an ihren eigenen Kindern seien Erziehungsmängel, eine fehlende Vorbildfunktion und zu wenig Zeit der Eltern für ihre Kinder Hauptursachen.

Für über neunzig Prozent der LehrerInnen und Eltern sind Engagement und pädagogische Ausbildung von großer Bedeutung – sie machen davon auch den Schulerfolg der Kinder abhängig. Rund 80 Prozent der Eltern und LehrerInnen erachten kleine Klassengrößen als wichtig – doch sehen nur etwa ein Fünftel der Befragten dies auch im Schulalltag umgesetzt. Dreiviertel der befragten Lehrkräfte befürworten eine gezielte Förderung nach Begabung, aber nur 20 Prozent sehen dies als verwirklicht. Drei Viertel der LehrerInnen (74 Prozent) sind zudem der Ansicht, dass eine individuelle Förderung einzelner SchülerInnen – zum Beispiel zur Verringerung bestehender Leistungsunterschiede – im Rahmen der Lehrpläne kaum oder gar nicht möglich ist.

Lehrkräfte beklagen Leistungsabfall

Vor diesem Hintergrund wachsender Leistungsunterschiede geben zudem 42 Prozent aller LehrerInnen in der Studie an, dass sie die Anforderungen an ihre SchülerInnen in den letzten fünf bis zehn Jahren senken mussten. Besonders häufig bestätigen dies Lehrkräfte ab 55 Jahren, LehrerInnen mit mindestens 20-jähriger Berufserfahrung sowie Haupt- und Realschul-LehrerInnen (56 bis 58 Prozent). Fast zwei Drittel der befragten GymnasiallehrerInnen (62 Prozent) sind der Ansicht, dass in den letzten Jahren der Anteil von SchülerInnen, die ein Gymnasium besuchen, obwohl sie für diese Schulform eigentlich nicht ausreichend qualifiziert sind, zugenommen hat. Auch diese Meinung wird von den ältesten und erfahrensten Gymnasiallehrerinnen überdurchschnittlich stark geteilt (72 Prozent). Gleiches gilt für Lehrerkräfte an Gymnasien in den neuen Bundesländern (71 Prozent).

Neben einem repräsentativen Querschnitt von Lehrerinnen und Lehrern an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland wurden für diese Studie insgesamt 1.804 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählte Personen ab 16 Jahren befragt, darunter 543 Eltern schulpflichtiger Kinder. Darüber hinaus floss auch die Befragung eines repräsentativen Querschnitts von insgesamt 614 SchülerInnen ab Klassenstufe 5 an weiterführenden Schulen in Deutschland in die Studie ein.

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