AKTIONSPLAN GEGEN DISKRIMINIERUNG : Bundestag: „Sexismus die rote Karte zeigen“

27. März 2017 // zwd Berlin (lp/ticker).

  • Sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen nur „Spitze des sexistischen Eisbergs“
  • Die Linke fordert bundesweite Maßnahmen

  • (Bildquelle: highwaystarz/fotolia) Unter der Überschrift „Sexismus die rote Karte zeigen“ fordert die Fraktion Die Linke die Bundesregierung auf, Maßnahmen gegen Sexismus zu initiieren. Bei einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag kritisierte die Linksfraktion, der Staat komme seiner Schutzpflicht nicht in geeigneter Form nach. Die Auseinandersetzung mit sexistischer Diskriminierung dürfe nicht allein in den privaten Bereich zurückgeschoben oder der freien Wirtschaft überantwortet werden.

    Der geforderte bundesweite Aktionsplan solle in Abstimmung mit den Bundesländern unter anderem Maßnahmen der geschlechtersensiblen Pädagogik, Maßnahmen im Bereich der medialen Darstellung, gegen Sexismus in der Arbeitswelt, zur Stärkung und Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sowie im Bereich Gewalt gegen Frauen beinhalten.

    Gleichbehandlung von Männern und Frauen voranbringen

    Laut Prof.’in Sabine Sczesny vom Institut für Psychologie der Universität Bern könne der vorgestellte Aktionsplan „einen wesentlichen Schritt zu einer tatsächlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Deutschland darstellen“. Sie halte die bisherigen Gesetze und Maßnahmenkataloge der Regierung nicht für ausreichend, um Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, obwohl ein gesellschaftlicher Konsens darüber bestehe, dass die Problematik zur Priorität von Regierungen gehören solle. Auch nach Jutta Trost von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände stelle der von der Linken geforderte Aktionsplan eine Bündelung aller bisherigen und noch auszuweitenden Maßnahmen dar, er biete jedoch keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten bei der Bekämpfung von Diskriminierungstatbeständen oder sexistischer Gewalt. Zudem müsse zunächst eine Zeit abgewartet werden, ob die Maßnahmen gegen Sexismus, die bereits in Bundesgesetzen umgesetzt seien oder sich in Abstimmung befänden, griffen.

    Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, behandelte in ihrem Statement die Stärkung und Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG). Dabei berief sie sich auf eine Evaluation des Gesetzes aus dem Jahr 2016 sowie auf Ergebnisse einer Komission die sich 2015 mit der Frage nach einem besseren Schutz vor Diskrimierung befasste. Nach Lüders zeigten die Ergebnisse, dass eine Verlängerung der Geltendmachungsfristen, die Einführung eines Verbandsklagerechts, die Erweiterung des Schutzbereichs bei sexuellen Belästigungen, die Stärkung von Beschwerdemöglichkeiten, die Erleichterung der Beweislast sowie die Stärkung und die personelle und finanzielle Absicherung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes notwendig seien, um Sexismus zu bekämpfen.

    Für Alltagssexismus sensibilisieren

    Stevie Meriel Schmiedel stimmte in der Anhörung allen Punkten des Antrages zu, forderte darüber hinaus jedoch eine bundesweite Aktion „Schule gegen Sexismus“, da Lehrer*innen sowie Eltern dringend für Alltagssexismus sensibilisiert werden müssten. Als Geschäftsführerin von Pinkstinks Germany e.V. geht sie gegen Produkte sowie Werbe- und Medieninhalte vor, die Kindern eine limitierende Geschlechterrolle zuweisen. Prof. Gerd Bohner von der Abteilung für Psychologie der Universität Bielefeld erklärte in seinem Statement, dass sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen nur „die Spitze des sexistischen Eisberges“ seien, wie auch der Stand der Forschung belege. Es sei zu erwarten, dass wirksame Maßnahmen gegen Sexismus auch zu einer Reduktion anderer gruppenbezogener Vorurteile beitrügen und damit weitere wünschenswerte Effekte entfalten könnten.

    Auch Karin Nordmeyer, Vorsitzende U.N. Women Nationales Komitee Deutschland e.V. hält den bundesweiten Aktionsplan für geeignet, um die Gleichstellung und Chancengleichheit der Geschlechter voranzubringen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten in vielen gesellschaftlichen Bereichen ein Umdenken und eine Veränderung im Verhalten der Menschen herbeizuführen. Dagmar Freudenberg vom Deutschen Juristinnenbund fügte hinzu, es solle die Einführung einer flächendeckenden verpflichtenden Fortbildung für Juristen und Juristinnen geprüft werden, da der Begriff Sexismus in der Justiz bisher nicht geläufig sei. In Nordrhein-Westfalen existiere eine solche Fortbildung bereits.

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