GUTACHTEN : Praktika im Studium bereiten nicht automatisch besser auf Arbeitsmarkt vor

26. September 2016 // zwd Potsdam (hr/ticker).

  • „Vielerorts noch immer bloßes Anhängsel des Studiums“
  • HRK nimmt Unternehmen in die Pflicht

  • Prof. Wilfried Schubarth
(Bildquelle: hrk-nexus.de) Mehr und längere Praktika im Studium führen nicht automatisch dazu, dass die AbsolventInnen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet sind. Zu diesem Schluss kommt ein Fachgutachten, das am Dienstag im Rahmen einer gemeinsamen Tagung des Projekts „nexus“ der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Universität Potsdam vorgestellt wurde. So sehen die beteiligten ForscherInnen entgegen der Forderung vieler ArbeitgeberInnen den Schlüssel nicht in einer Ausdehnung von Praxisphasen, sondern in einer besseren Betreuung und Reflexion der Praktika.

    Die meisten Bachelor- und Masterstudiengänge sehen zwar ein Pflichtpraktikum außerhalb der Hochschule vor, aber mit der Theorie-Praxis-Verzahnung und systematischen Einbindung hapere es laut des Gutachtens insbesondere an den Universitäten oft. „Vielerorts sind die Praktika noch immer ein bloßes Anhängsel des Studiums, wodurch wertvolle Lernchancen ungenutzt bleiben. Eine systematische Integration der Praktika in den Studiengang würde die Lernmotivation und damit auch den Studienerfolg erhöhen“, erklärte Prof. Wilfried Schubarth (Foto), einer der AutorInnen. Die GutachterInnen empfehlen eine Aufwertung von Praktika und eine Anerkennung als Merkmal guter Lehre. So könnten von qualitätsvollen Praktika alle Seiten profitieren: Die Studierenden lernten durch Praktika die berufliche Praxis kennen und brächten akademisches Wissen und aktuelle Forschungsbefunde in den Betrieb. Gleichzeitig könnten sich ArbeitgeberInnen durch Praktika Fachkräfte sichern. Auch die Hochschulen profitierten nach Einschätzung der GutachterInnen durch die (Aus-)Bildung wissenschaftlich qualifizierter AbsolventInnen für den Arbeitsmarkt und erhielten durch die Praktika Anregungen für Forschung und Lehre.

    „Qualitätsstandards sind im Dialog aller beteiligten Akteure – Hochschulen und Studierende, Arbeitgeber und Gewerkschaften – zu erarbeiten“, sagte HRK-Präsident Prof. Horst Hippler. „Der Theorie-Praxis-Transfer kann nur funktionieren, wenn einerseits Praktika und andere Praxisbezüge systematisch ins Studium integriert sind. Andererseits müssen die Unternehmen ausreichend gute Praktikumsplätze anbieten, die den Praktikanten herausfordernde Aufgaben bieten“, betonte er.

    Das Fachgutachten „Qualitätsstandards für Praktika. Bestandsaufnahme und Empfehlungen“ wurde von den BildungsforscherInnen Prof. Wilfried Schubarth (Universität Potsdam), Prof. Karsten Speck (Universität Oldenburg) und Juliane Ulbricht, Promotionsstipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung an der Universität Potsdam, erarbeitet.

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