FRAUEN IN DIE AUFSICHTSRÄTE : „Chancengleichheit besteht für Frauen nur auf dem Papier“

3. April 2013 // zwd Berlin (kl).

‚Women-on-Board-Index 2013’: Frauenquote in DAX-Unternehmen innerhalb von zwei Jahren gerade einmal auf elf Prozent gestiegen

Bis auf wenige Ausnahmen schreite der Frauenzuwachs in den Führungsetagen der DAX-Konzerne „in homöopathischen Dosen“ voran. Zu diesem Fazit kam die Präsidentin des Vereins ‚Frauen in die Aufsichtsräte’ (FidAR e.V.), Monika Schulz-Strelow, anlässlich der aktuellen FidAR-Berechnung zur Frauenquote bei Börsenunternehmen in Deutschland. Demnach ist die Frauenquote in den DAX-Konzernen seit Januar 2012 um gerade einmal 4,6 Prozentpunkte auf 11,1 Prozent gestiegen. Ohne gesetzliche Regelungen fehle in Deutschland der Druck für eine echte Veränderungswelle, schlussfolgerte Schulz-Strelow. Mit einer 50-Prozent-Frauenquote habe deshalb beim Vergleich der 160 Unternehmen der DAX-Familie eine spanische Tochterfirma - Telefónica Deutschland – den Spitzenplatz erobert. In Spanien gilt seit 2007 eine gesetzliche Frauenquote.

Anders als die europäischen Nachbarstaaten sehe die Politik in Deutschland scheinbar keinen Handlungsbedarf, kritisierte Schulz-Stelow anhand der neuen Erhebung des ‚Women-on-Board-Index’ (WoB-Index) am 2. April. Knapp ein Viertel der Börsenkonzerne ist in der Führungsetage frauenfrei, 45 Unternehmen haben lediglich eine Frau in Aufsichtsrat oder Vorstand, so das Ergebnis des WoB-Index. Anhand des Index vergleicht FidAR die 160 im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX notierten Unternehmen regelmäßig nach ihrem Frauenanteil in Aufsichtsrat und Vorstand. Der TecDAX-Neuzugang Telefónica ist vor Deutschlands größtem Marktforschungsinstitut, der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK SE), und der TAG Immobilien AG (TAG) beim WoB-Index klarer Spitzenreiter.

„Gläserne Decke“ in Deutschland fatal

Der WoB-Index mache transparent, dass Chancengleichheit für Frauen in Deutschland bisher nur auf dem Papier bestehe, stellte Schulz-Strelow klar. Als „fatal“ bezeichnete die FidAR-Präsidentin, „dass von politischer Seite nun der Druck auf die Unternehmen ganz herausgenommen wurde“. Nach Ansicht Schulz-Strelows ist der schleppende Zuwachs an Frauen in Spitzenpositionen, auf die wenigen weiblichen Nominierung bei den Aufsichtsratswahlen zurückzuführen. Auf AnteilseignerInnenseite seien im vergangenen Jahr nur 20,4 Prozent der gewählten Aufsichtsräte der DAX-Unternehmen weiblich gewesen. Das Jahr 2013 sei zum Superwahljahr von Frauen für Aufsichtsräte „hochgejazzt“ worden. Doch im Nominierungsprozess fehle der entsprechend höhere Frauenanteil, erläuterte Schulz-Strelow.

38 Konzerne agieren in ihren Entscheidungsgremien immer noch frauenfrei

Im Jahr 2012 wurden nach Angaben FidARs in 43 der 160 DAX, MDAX, SDAX und TecDAX-Unternehmen Aufsichtsräte oder einzelne Aufsichtsratsposten neu besetzt. 33 Konzerne haben erstmals in ihrer Geschichte eine Frau in die Kontrollgremien berufen, einige auch in die ChefInnenetage - im Vorjahr waren es 23. Die Zahl der frauenfreien Führungsspitzen ist auf 38 gesunken. Bei Nichtberücksichtigung der Vertreterinnen der Arbeitnehmer sind allerdings mit 56 noch über ein Drittel der Führungsgremien ohne Frauen. Viele DAX-Konzerne zeigen nach Aussage der Frontfrau von FidAR zwar Bemühen, einen Kulturwandel hin zu mehr Frauen in den Führungsspitzen einzuleiten. Doch von echter Chancengleichheit sei die Wirtschaft in Deutschland „noch weit entfernt“.

Laut FidAR haben im Ranking einige Unternehmen deutliche Sprünge nach vorn gemacht. So verzeichnen in der Spitzengruppe der Top 20 vor allem TAG Immobilien (+ 20,83 %), comdirect bank (+ 25,00 %), Deutsche Telekom (+ 21,79 %), Henkel (+ 14,58 %), QSC (+ 25,00 %), Deutsche Post (+ 9,64 %), Allianz (+ 17,05 %), Kabel Deutschland (+ 8,33 %), Celesio (+ 16,67 %), E.ON (+ 7,50 %) MorphoSys (+ 8,33 %), Deutsche Bank (+ 5,00 %) und Deutsche Lufthansa (+ 12,50 %) deutliche Zuwächse in ihrem Frauenanteil. Basis des WoB-Index ist die Empfehlung im Deutschen Corporate Governance Kodex, für mehr Vielfalt (Diversity) in Aufsichtsrat und Vorstand der Unternehmen zu sorgen. Der WoB-Index wird vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und vom manager magazin als Medienpartner begleitet.

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