NEUE STIFTUNG : Entschädigung und Anerkennung für DDR-Opfer

30. November 2016 // ticker

  • Finanzielle Hilfen und Beratung für Betroffene geplant
  • Nahles: „Geschehnisse einer breiten Öffentlichkeit bekannt machen“

  • zwd Lübeck (hr/ticker). Mit der Gründung der neuen Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ wollen Bund, Länder und Kirchen das Leid und Unrecht anerkennen, das Kinder und Jugendliche in der Zeit von 1949 bis 1990 in der DDR in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie erfahren haben. In der Zeit von 1949 bis 1975 gab es in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls Betroffene. Die Verwaltungsvereinbarung zur Errichtung der Stiftung wurde am Donnerstag am Rande der 93. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) in Lübeck unterzeichnet. Die Betroffenen hatten zuvor lange beharrlich für eine solche Etablierung gekämpft.

    Mit der Beteiligung am Hilfesystem kommen Bund, Länder und Kirchen ihrer Aufgabe nach, in der Vergangenheit erlebtes Leid und Unrecht transparent zu machen und ihren Beitrag zur Bewältigung und Aufarbeitung zu leisten. Die Stiftung sieht neben einer individuellen Anerkennung des Erlebten durch persönliche Gespräche mit den Betroffenen und einer öffentlichen Anerkennung auch eine wissenschaftliche Aufarbeitung der seinerzeitigen Geschehnisse vor. Ferner sollen Betroffene, die heute noch unter Folgewirkungen leiden, eine einmalige pauschale Geldleistung von 9.000 Euro zur selbstbestimmten Verwendung erhalten. Darüber hinaus wird eine einmalige Rentenersatzleistung von bis zu 5.000 Euro gezahlt, sofern sie dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben, ohne dass dafür Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden.

    Evangelische Kirche räumt Mitschuld ein

    „Menschen, die als Kinder und Jugendliche in unserem Land in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe beziehungsweise der Psychiatrie unsägliches Leid erlitten haben, bekommen durch die Stiftung ‚Anerkennung und Hilfe‘ nicht nur endlich die Anerkennung und die finanzielle Unterstützung, die ihnen zusteht. Wir werden das Geschehene nun auch endlich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen können“, sagte Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD). Schleswig-Holsteins Sozialministerin und ASMK-Vorsitzende Kristin Alheit (SPD) betonte: „Ich freue mich, dass es heute gelungen ist, diese Einigung im Sinne der Betroffenen zu erzielen. Mir ist wichtig, dass wir sie in den weiteren Aufarbeitungsprozess eng mit einbeziehen und dabei neben dem Thema Gewalt und Missbrauch auch das Thema Medikamentenversuche beleuchten.“

    Die Kirche räumte ihr Mitverschulden an den Geschehnissen ein und bat die Betroffenen um Verzeihung. „Mit Scham sehen Evangelische Kirche und Diakonie auf die Verhältnisse und die Verantwortung auch kirchlicher Einrichtungen für die Ereignisse in dieser Zeit“, erklärte Präses Annette Kurschus, stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Es ist uns wichtig, dass nun endlich auch für den Kreis dieser Betroffenen ein Hilfesystem entsteht, um den heute noch vorhandenen Folgewirkungen zu begegnen“, so Kurschus.

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