16. KINDER- UND JUGENDBERICHT : Mehr Teilhabe von Kindern und Jugendlichen gefordert

13. November 2020 // Ulrike Günther

Politische Bildung von Kindern sollte einen höheren Stellenwert erhalten und in allen relevanten Lebensbereichen von Familie über Schulen bis zu Medien präsent sein. Das empfiehlt der neue Kinder- und Jugendbericht mit Schwerpunkt auf demokratischer Bildung. In der Krise finde Demokratieerfahrung kaum Platz im schulischen Lernen, kritisiert der Bericht. Die SPD-Fraktion möchte digitale Bildungsangebote fördern und die Ansätze im Programm Demokratie leben gesetzlich verstetigen.

Demokratische Bildung wird in der Krise vielfach vernachlässigt. - Bild: Wikimedia.org / Wikiländer
Demokratische Bildung wird in der Krise vielfach vernachlässigt. - Bild: Wikimedia.org / Wikiländer

zwd Berlin. Der am Mittwoch (11. November) veröffentlichte 16. Kinder- und Jugendbericht sieht das Lernen von Kindern und Jugendlichen unter den Bedingungen der Krise stark beeinträchtigt und durch sich verschärfende soziale Ungleichheiten geprägt. Insbesondere digitales Lernen und Home-Schooling seien wesentlich auf Kenntnisvermittlung beschränkt, Schule werde nur noch „auf fachlichen Unterricht reduziert“, urteilt die Autor*innengruppe. Demokratische Erfahrung spiele dabei kaum mehr eine Rolle, außerschulische Aktivitäten würden ohne Chance der jungen Menschen auf Mitsprache meist ganz entfallen.

Kommission empfiehlt mehr Mitsprache von Jugendlichen

„Die politische Bildung der Jugend ist gerade auch in bewegten Zeiten ein Stützpfeiler unserer Demokratie“, betonte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey anlässlich der Vorstellung des Berichtes. Wie die Sachverständigenkommission forderte die Ministerin, Jugendliche verstärkt an Entscheidungen zu beteiligen. In einer vom Kabinett am selben Tag beschlossenen Stellungnahme (Drs. 19/24200) stimmt die Bundesregierung der im Bericht geäußerten Kritik zu, dass in der Krise Möglichkeiten zur Beteiligung von jungen Menschen fehlten und sie in gesellschaftlichen Debatten häufig auf die Schülerrolle reduziert würden.

Eine vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) beauftragte Kommission aus 14 Fachleuten von Hochschulen und Bildungsverbänden hatte seit Oktober 2018 an dem 600-seitigen Bericht zur „Förderung demokratischer Bildung im Kindes- und Jugendalter“ gearbeitet. Das Papier wird nun an Bundestag und Bundesrat weitergeleitet. Ziel der Untersuchung war es laut BMFSFJ, die politischen Bildungserfahrungen von jungen Menschen bis 27 Jahre und Entwicklungsbedarfe aufzuzeigen sowie Ratschläge für Praxis, Politik und Forschung zu formulieren. Kinder und Jugendliche hatten teilweise die Möglichkeit, über Workshops und Interviews an der Entstehung des Berichts mitzuwirken.

SPD schlägt Demokratiefördergesetz vor

Die SPD-Fraktion unterstreicht die Bedeutung der aktiven Beteiligung von Jugendlichen am Demokratie-Lernen. Der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Sozialdemokrat*innen Sönke Rix bezeichnete es in einem Kommentar zum Bericht als Aufgabe der Verantwortlichen, Gelegenheiten für diese Art der Mitwirkung zu schaffen. Aus Sicht seiner Fraktion ist es für Kinder und Jugendliche aufgrund der tiefgreifenden Entwicklungen der Gesellschaft zentral, frühzeitig „einen kritischen und kompetenten Umgang mit digitalen Medien“ zu erlernen. Daher setze sich die SPD-Fraktion für „jugendgerechte Informations- und Bildungsangebote sowie eine Förderung der Medienkompetenz“ ein, so Rix.

Um Förderung von Demokratie als Daueraufgabe gerecht zu werden, schlagen die Sozialdemokrat*innen ihrem Sprecher für Kinder- und Jugendpolitik zufolge ein „Demokratiefördergesetz“ vor, mit dem sie die erfolgreichen Ansätze aus dem 2014 vom BMFSFJ aufgelegten Programm Demokratie leben verstetigen wollen. Dabei sollen nach Angaben von Rix alle föderale Ebenen und deren Einrichtungen verpflichtet sein, Demokratie als gelebte Erfahrung zusammen mit zivilgesellschaftlichen Gruppen zu gestalten.

Politischer Bildung für Jugendliche soll mehr Gewicht zukommen

Vor dem Hintergrund moderner Herausforderungen der Demokratie, wie Globalisierung und Klimaänderung, Corona-Krise und Digitalisierung, empfehlen die Autor*innen des Berichtes insgesamt, der Förderung von politischer Bildung und Demokratie-Lernen einen höheren Stellenwert einzuräumen. Für alle jungen Menschen seien mehr zeitgemäße, altersgerechte Bildungsangebote erforderlich. Politische Bildung brauche „mehr Gewicht und gehört überall hin, wo junge Menschen mit Politik und Demokratie in Berührung kommen“, erklärte der Vorsitzende der Kommission Prof. Christian Palentien.

Palentien sprach Akteur*innen in Familie, Kitas und Schulen, Jugendverbänden, Ausbildung und Medien Verantwortung im Prozess der politischen Bildung zu. Die Regierung teilt im Wesentlichen diese Einschätzung. Damit politische Bildung von Kindern und Jugendlichen angesichts der gegenwärtigen Problemlagen ihre Aufgaben erfüllen könne, müsse dieser zweifellos mehr Bedeutung zukommen, heißt es in der Stellungnahme. Demgemäß greife die Regierung die von der Kommission vorgebrachte Forderung auf, das Feld des Demokratie-Lernens entsprechend aufzuwerten und zu stabilisieren sowie politische Bildungsangebote für junge Leute breiter zu verankern.

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