Bundestags-Parlamentsdienst „hib“ erwartet schon jetzt Scheitern des Gesetzentwurfs
Der Parlamentsdienst „Heute im Bundestag“ (hib) hatte – in einer von politischen Beobachter:innen als ungewöhnlich-parteiisch bewerteten Form – hingegen bereits am Freitag in seiner Berichterstattung die Einschätzung gegeben, der Entwurf von SPD und Grünen habe „aufgrund der aktuellen politischen Konstellation wenig Aussicht auf eine Verabschiedung“. „hib" bewertete auch einen Appell der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Britta Hasselmann an das Parlament, das Gesetzgebungsvorhaben „gemeinsam zu Ende (zu) bringen“, als wenig aussichtsreich: „Nach der Debatte deutet aber nicht viel darauf hin, dass Regierung und Opposition hier noch zusammenfinden werden.“
Fäscher (SPD): „Unsere Hand ist ausgestreckt“
In der Debatte hatten die Redner:innen aller Fraktionen (anders als AfD) das Fehlen einer ausreichenden Zahl von Frauenhausplätzen beklagt und dringenden Handlungsbedarf angemeldet. Für die SPD-Bundestagsfraktion bezeichnete deren familienpolitische Sprecherin Ariane Fäscher (im „hib" fälschlich mit dem Vornamen Andrea genannt), das Gesetz als einen „längst überfälligen Schritt, zu dem wir durch die Istanbul-Konvention längst verpflichtet sind“. An die Union gerichtet bekräftigte die SPD-Abgeordnete: „Unsere Hand ist ausgestreckt. Wir wollen ohne Maximalforderungen aber mit maximalem Umsetzungswillen dieses Gewalthilfegesetz verabschieden.“
Unionsvorwurf: Drei Jahre lang von Paus und der Ampel „Null Priorität“
Während sich Ministerin Paus mit dem Hinweis auf die Blockadehaltung des ehemaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner (FDP) verteidigte, hatte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Hasselmann eingeräumt: „Weil wir jahrelang mit dem Finger auf andere gezeigt haben, gibt es noch heute zu wenig Schutzräume für Frauen. Wir haben es alle miteinander nicht geschafft, das ist beschämend.“ Wie Hasselmann riefen auch Sprecherinnen der Fraktionen von SPD und Grünen die oppositionelle CDU/CSU-Bundestagsfraktion dazu auf, sich einer selbstbewussten Entscheidungsfindung des Parlaments nicht zu verweigern.
Die Unionsparteien möchten andererseits mindestens dokumentieren, dass die Ampel-Regierung – namentlich verantwortlich hierfür Bundesfrauen- und-familienministerin Lisa Paus (Grüne) – drei Jahre lang hierzu nichts zustande gebracht habe. In Worten lautet der Vorwurf der Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU und frauenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Silvia Breher, es sei von Paus weder ein neues Investitionsprogramm auf den Weg gebracht noch der Versuch unternommen worden, Neuregelungen beim Umgangs- und Sorgerecht in gewaltbetroffenen Familien auf den Weg zu bringen. Die Union wolle für das Scheitern des Gesetzes, dessen Intentionen für Breher ein „Herzensanliegen“ darstellt, nicht in die Verantwortung genommen werden. Breher verweis darauf, dass das von Paus als eigene Leistung vereinnahmte, jetzt ausgelaufene Investitionsprogramm, unter anderem zur Erneuerung und Schaffung von Frauenhausplätzen von der GroKo 2020 in Gang gesetzt worden sei.* Wie im zwd-Nachrichtenportal bereits berichtet, hatte die CSU-Politikerin Bär den Erfolg von Gesprächen mit Rot-Grün davon abhängig gemacht, dass substanzielle Verbesserungen im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren erreicht werden können.
Eine zwd-Dokumentation macht deutlich, dass diese Frage bereits seit vier Jahrzehnten sowie vielfach in den Folgejahren erfolglos im Bundestag thematisiert wurde (Bild nachstehend: zwd-Ausgabe 3/1986 FRAUEN UND POLITIK).
*Anm. der Redaktion: Damals waren das Bundesfrauenministerium und das Bundesfinanzministerium, jeweils SPD-geführt – von Franziska Giffey und Olaf Scholz – maßgeblich beteiligt. Giffey hatte auch einen "Runden Tisch" Gewalt gegen Frauen initiiert, an dem Paus anknüpfen konnte.)
Ausführliche Berichterstattung dazu im zwd-POLITIKMAGAZIN, Ausgabe 405.