PAUS ZU KINDER- UND JUGENDPOLITISCHEN MAßNAHMEN IHRER LEGISLATURPERIODE: : „Sie wissen ich hätte da gerne noch mehr ermöglicht“

10. Dezember 2024 // Lena Kuhn

Bundesjugendministerin Lisa Paus (Grüne) sieht mit Blick auf das Aufwachsen junger Menschen in Deutschland insbesondere bei den Themen Diskriminierung, Armut, Medienkonsum und politische Teilhabe Handlungsbedarf. Sie nahm die Pressekonferenz diesen Montag zur AID:A-Studie (Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten) im Deutschen Jugendinstitut (DJI) zum Anlass, sowohl eine Bilanz ihrer politischen Erfolge als auch der auf der Strecke gebliebenen Projekte der bald endenden Legislaturperiode zu ziehen.

Pressekonferenz zur AID:A-Studie mit DJI-Direktorin Prof.in Sabine Walper, Bundesjugendministerin Lisa Paus und DJI-Forschungsdirektorin Prof.in Susanne Kruger (v.l.) / © Lena Kuhn
Pressekonferenz zur AID:A-Studie mit DJI-Direktorin Prof.in Sabine Walper, Bundesjugendministerin Lisa Paus und DJI-Forschungsdirektorin Prof.in Susanne Kruger (v.l.) / © Lena Kuhn

Insgesamt zog Paus eine gemischte Bilanz. Während sie im Bereich Armut die Kindergelderhöhung und den Kindersofortzuschlag als bedeutende Erfolge nannte, seien im Bereich des Medienschutzes bislang nur wenige Maßnahmen erlassen worden. Fortschritte erzielten Bundesprojekte im Bereich der Diskriminierung, doch auf Landesebene sei zu wenig geschehen, so die Jugendministerin. Im Rahmen politischer Teilhabe von jungen Menschen bestehe trotz verstärktem Engagement und gesicherten Finanzierungszusagen nach wie vor erheblicher Handlungsbedarf.

Maßnahmen gegen Kinderarmut, aber keine Kindergrundsicherung

Die Bundesministerin stellte heraus, schwierig werde es, wenn es nach bereits erfolgten innerfamiliären Sparmaßnahmen immer noch nicht reiche. „Unsere Gesellschaft ist reich, die ist reich an Ressourcen“, griff Paus die Ergebnisse des diesjährigen Kinder- und Jugendberichts auf, „aber wir sind nur so stark und widerstandsfähig gemeinsam, wenn wir es schaffen Ungleichheit und Nachteile auch auszugleichen.“ Gegen Kinderarmut und ihre Folgen habe die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode viel getan, sagte Paus in Anbetracht der Kindergelderhöhung auf 250 Euro im Monat, sowie der Einführung des Kindersofortzuschlags in Höhe von 20 Euro. Die Jugendministerin verkündete, dass durch die angestoßene Debatte über Kinderarmut mehr Familien den Kinderzuschlag beantragt und erhalten haben. Die Zahlen seien von 1 Millionen im Januar auf 1,3 Millionen Kinder im Oktober angestiegen. Die angekündigte Kindergrundsicherung haben sie jedoch „nicht geschafft“, räumte Paus ein und fügte an: „Sie wissen, ich hätte da gerne noch mehr ermöglicht“.

KiTa-Ausbau-Finanzierung für weitere zwei Jahre

Die Ministerin ist sich sicher: „Jeder Euro in Bildung zahle sich aus“ und verkündete, dass neben den, den Ländern zur Verfügung stehenden, 8 Milliarden Euro für den KiTa-Ausbau in dieser Legislaturperiode, nun auch mit dem weiterentwickelten KiTa-Qualitätsgesetz für das Jahr 2025 und 2026 weitere 4 Milliarden Euro für die Länder gesichert seien.

Diskriminierungsbekämpfung nicht ausreichend

Einen Mangel sieht die Bundesministerin beim rechtlichen Schutz für junge, von Diskriminierung betroffene Menschen und gibt zu: „In dieser Legislaturperiode haben wir das noch nicht in ausreichendem Maße erreicht“. Ein praktisches Problem sei, dass bei Diskriminierung in der Schule beispielsweise das Antidiskriminierungsgesetz nicht greife. Dafür brauche es Landesgesetze, die genau das im Blick haben, ergänzte Paus. Sie fand, Bund und Länder müssten gleichermaßen daran arbeiten, den Schutz zu verbessern. Als Maßnahmen auf Bundesebene für eine Verbesserung des Klassenklimas, nannte die Ministerin das Bundesprogramm Respekt Coaches und das Mental Health Programm.

Zu wenig Schutz im Netz

In Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz wolle Paus das Thema Medienkompetenz im Unterricht stärken, verwies aber auch auf die Familie als Grundstein für einen sicheren Medienumgang und den vom Ministerium nun weiterentwickelten Elternratgeber SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht. Die Zahlen zur erlebten digitalen Gewalt bewertete sie als „besorgniserregend“ und bedauerte, „dass das vom Justizministerium geplante Gesetz gegen Digitale Gewalt in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden könne. Gründe für eine Nicht-Umsetzung durch das bis zum Ampel-Aus von Marco Buschmann (FDP) geführten Ministeriums nannte Paus nicht, sondern verwies darauf, welche Maßnahmen den jungen Menschen nun verwehrt bleiben: „Es hätte die Möglichkeit für die Betroffenen Digitaler Gewalt deutlich verbessert, etwa durch Accountsperren und bessere Auskunftsrechte“. Ihr Haus arbeite jedoch aktuell an einer Altersverifikation, „die anonyme und pseudonyme Nutzung altersgerecht ermöglichen könnte.“

Förderung politischer Teilhabe trotz Sparkurs

Die Stärkung der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe liege ihr besonders am Herzen, betonte die Grünen-Ministerin und sie habe „trotz strenger Sparvornahmen bei den Haushaltsverhandlungen, gekämpft“, dass das „hohe Niveau der Förderungen erhalten bleibe. Daher sei es auch nach wie vor vorhanden. Bundesweit werden hiermit junge engagierte Menschen mit Projekten, unter anderem aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes, aber auch mit dem Bundesprogramm Demokratie, gefördert. Außerdem kündigte die Jugendministerin an, die Ergebnisse einer zweijährigen Befragung von jungen Menschen und Fachleuten zu einer verbesserten Teilhabe noch in dieser Legislaturperiode zu veröffentlichen und dem Kabinett dazu zu berichten. Der Dialogprozess im nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung dieser Legislaturperiode sei einer der größten Beteiligungsprozesse, die eine Bundesregierung je durchgeführt habe.

Bei der AID:A 2023 Blitzlicht-Studie mit den zentralen Befunden des DJI-Surveys zum Aufwachsen in Deutschland handelt es sich um eine repräsentative, bundesweite Langzeitstudie. Der Survey wird im Rahmen der institutionellen Zuwendung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Erhebungswelle 2023 umfasst die Lage von 10.000 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen von der Geburt bis 32 Jahre, sowie mehr als 6.000 Eltern aus insgesamt 5.400 Haushalten. Die Themen reichen von sozialer Teilhabe, über Bildung, Gesundheit, familiäre und finanzielle Verhältnisse, bis hin zu Herausforderungen wie Diskriminierung oder Cybermobbing. Als Besonderheit gilt, dass die Studie auch die Befragung von Kindern ab 5 Jahren beinhaltet.

Artikel als E-Mail versenden