zwd Berlin. Die kulturelle und religiöse Vielfalt wird nicht als Störfaktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gesehen, sondern „in ihrer Freiheit und Vielfalt bereichern sie [Kunst und Kultur] unser Leben“. Als wichtige Basis für ein friedliches Miteinander und gegenseitigen Respekt wird der interreligiöse Dialog genannt, wie er in dem in Berlin geplanten Drei- Religionen-Haus „House of one“ ab ca. 2020 praktiziert wird. Nicht nur dem Antisemitismus, sondern auch antiislamischen Stimmungen soll entschieden entgegengetreten werden. Von Menschen mit einer anderen Kultur wird also nicht mehr Anpassung, sondern das Schaffen von Gemeinsamkeiten erwartet. Das ist eine klare Kampfansage gegen den Rechtspopulismus!
Geschlechtergerechtigkeit ist in dem Entwurf in Kunst, Kultur und Medien ein zentrales Thema. Den Begriff „Quote“ sucht man jedoch vergeblich. Stattdessen wird versprochen den 2016 von Kulturstaatsministerin Prof.´ in Monika Grütters (CDU) gestarteten „Runden Tisch Frauen in Kultur und Medien“ fortzuführen. Dieser müsste jedoch konzeptionell überdacht werden, denn damals wurde ihm von Expert*innen weinig Effizienz bescheinigt. Die ursozialdemokratische Idee einer „Kultur für alle“ kann bei einem Zustandekommen der Koalition Realität werden: zumindest in den vom Bund geförderten Kultureinrichtungen. Hier soll ausgehend vom Modellversuch im Humboldt Forum „vermehrt und regelmäßig“ freier Eintritt gewährt werden. Als Echo auf die Demonstration der Initiative NO Humboldt 21 beim Richtfest des Humboldt Forums bekam neben der bereits praktizierten Aufarbeitung der NS-Terrorherrschaft und der SED-Diktatur“ nun erstmals auch die „deutschen Kolonialgeschichte“ einen Platz in der Erinnerungskultur. Ein längst fälliger Schritt, hatte doch 2011 die damalige Staatssekretärin Cornelia Pieper (FDP) bei der Übergabe von 20 Schädeln der im Vernichtungsfeldzug getöteten Hereros und Namas noch nicht einmal eine Entschuldigung über die Lippen gebracht! Schon in der Schulzeit soll mit Erinnerungskultur begonnen werden. Dazu soll das Programm „Jugend erinnert“ ins Leben gerufen werden.
In dem Kapitel „Zusammenhalt und Erneuerung – Demokratie beleben“ haben die drei Parteien einen neuen Kulturbegriff entwickelt, der deutlich weiter gefasst ist als in der letzten Legislaturperiode. Dieser kann durchaus als eine Chance für das Kulturland Deutschland begriffen werden. Dennoch bleibt ein Wermutstropfen – nicht nur für die Anhänger der SPD. Nicht gelungen ist es, das 1998 von dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingerichtete Amt der Kulturstaatssekretär*in aufzuwerten. Weder konnte sich die SPD mit ihrem Wunsch nach einem eigenständigen Bundeskulturministerium noch nach dem „Staatsziel Kultur“ durchsetzen.