Zu den SPD-Vorschlägen zählt unter anderem ein europäischer Wertekatalog für Wissenschaftsfreiheit, der perspektivisch einklagbar sein und durch anlassbezogene Beobachtergruppen garantiert werden soll. Ferner gelte es, europäische Standards für den Europäischen Hochschulraum zu definieren, etwa am Beispiel der Ausbildungsförderung in Deutschland oder des Grads der Digitalisierung in Estland. Wie Esdar unterstützte auch Ministerin Karliczek ausdrücklich die entsprechenden Vorschläge des französischen Präsidenten Emanuel Macron zur Weiterentwicklung der europäischen Hochschulen. Für die Bundesregierung kündigte Karliczek an, Deutschland werde das Vorhaben der Europäischen Kommission, Europäische Hochschulnetze bereits vom nächsten Jahr an zu fördern. komplementär unterstützen: "Daher hoffen wir, dass andere Staaten diesen Prozess ebenso unterstützen – sei es über nationale oder europäische Mittel, beispielsweise über den Strukturfonds. Ich würde mich freuen, wenn wir hierüber konkret ins Gespräch kommen könnten." Auch der Präsident der Hochschulrektrorenkonferenz Hippler befürwortete den Macron-Vorschlag, ein Netzwerk europäischer Hochschulen zu etablieren, als eine "einzigartige Gelegenheit", die europäische Zusammenarbeit strategisch zu forcieren.
FZS warnt vor Zweiklassenhochschulsystem in Europa | GEW: Wir brauchen keine europäische Exzellenzinitiative
Dagegen hatten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der freie zusammenschluss von student*nnenschaften (fzs) am Vorabend der Pariser Konferenz gemeinsam die Pläne für die Einrichtung „europäischer Hochschulnetzwerke“ kritisiert. „Der europäische Hochschulraum braucht keine europäische Exzellenzinitiative, sondern eine Stärkung der sozialen Dimension, die Verteidigung der akademischen Freiheit und eine aktive Unterstützung der Lehrenden“, erklärten das Vorstandsmitglied des fzs, Nathalie Schäfer, und der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller. Nach Einschätzung Schäfers ist "die Funktionsweise der Netzwerke Programmen wie der deutschen Exzellenzinitiative nachgebildet – sie würden die Wettbewerbslogik im europäischen Hochschulraum fördern. Insofern würden wirtschaftsstarke Hochschulregionen vom dem auch in der EU-Kommission befürworteten Programm profitieren. Hingegen drohten strukturschwache Regionen durch die Maschen zu fallen“,warnte die fzs-Sprecherin. Das GEW-Vorstandsmitglied Keller zeigte sich davon überzeugt: „Damit wird die Idee der europäischen Hochschulreform konterkariert, qualitativ hochwertige Bildung und Forschung in der Breite zu gewährleisten – und nicht nur in einem ausgesuchten Klub von Eliteuniversitäten. Wir brauchen aber keine europäische Exzellenzinitiative, sondern gute Hochschulbildung für alle“, unterstrich Keller.
Als Mitglied des Dachverbandes European Students’ Union (ESU) bemängelte der fzs vor allem die sozialen Defizite der Europäischen Hochschulpolitik. Beispielsweise stagniere der Anteil von Studierenden ohne akademischen Elternhaus in Deutschland auf dem niedrigen Stand von vor 10 Jahren. Da sei Deutschland "Weltmeister", kritisierte Eva Cruse vom fzs. Die Entwicklung in Richtung Exzellenzinitiativen werde darauf hinauslaufen, Hochschulen in ohnehin wohlhabenden Regionen zu bevorzugen.