SPÄTABTREIBUNG : Ferner: Keine Verschärfung des § 218

17. März 2006 // zwd Berlin (kri) -

Die Äußerungen des CSU-Politikers Johannes Singhammer zur Praxis der Spätabtreibungen stoßen bei den SPD-Frauen auf heftigen Widerstand. „Wir brauchen keine Verschärfung des § 218, sondern ein besseres Beratungsangebot für Frauen“, sagte die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Elke Ferner, am 18. März in Berlin. Auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irmingard Schewe-Gerigk, kritisierte die Äußerungen Singhammers scharf.

Der frauenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Singhammer, hatte die aktuelle Gesetzeslage zum Abtreibungsrecht in der Saarbrücker Zeitung vom 16. März als „skandalösen Zustand“ bezeichnet, der nicht hinnehmbar sei. In einer Klausurtagung der AG Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 6. März in Berlin hatte Singhammer als AG-Vorsitzender noch moderatere Töne angeschlagen: Die gesetzlichen Regelungen seien unzureichend, hatte er dort beklagt. Eine absehbare Behinderung des Ungeborenen sei allein noch kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch. Dieser Wille des Gesetzgebers müsse noch einmal klargestellt werden, so Singhammer.

Ferner: „Es gibt keinen Grund den § 218 zu ändern“
Dass eine solche Präzisierung nicht nötig ist, erklärt Elke Ferner: Schon heute sei die Feststellung einer vorgeburtlichen Schädigung oder Behinderung allein kein Grund für einen Abbruch, so Ferner. Unabdingbare Voraussetzung einer Spätabtreibung sei eine Gefahr für das Leben oder den Gesundheitszustand der schwangeren Frau. „Warum sollte man daran etwas ändern?“ fragt die ASF-Bundesvorsitzende. Wichtiger ist es ihrer Meinung nach, den Frauen kompetente Beratung zu ermöglichen, bevor sie sich zu dem Schritt der pränatalen Diagnostik entscheiden. Die Schwangeren sollten sowohl über die Risiken, als auch über Hilfen bei einem positiven Befund informiert werden, damit sie dann ohne Zeitdruck eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen könnten, so Ferner.

ASF will eigenverantwortliche Entscheidung der Frauen
Der Vorschlag Singhammers scheint auf den ersten Blick in die gleiche Richtung zu weisen: „Die CDU/CSU verlangt eine Bedenkzeit von drei Tagen zwischen medizinischer Indikation und Schwangerschaftsabbruch“, heißt es im Protokoll der Klausurtagung der AG Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Dadurch soll nach Ansicht Singhammers den Eltern ausreichend Zeit für ihre Entscheidung gegeben werden. Doch Ferner vermutet hinter dieser Formulierung eine andere Intention: „Statt auf eigenverantwortliche Entscheidung setzt die CDU/CSU auf Zwangsberatung und eine Verschärfung des § 218“, sagte sie am 18. März. Damit werden ihrer Meinung nach keine Schwangerschaftsabbrüche verhindert. Werdendes Leben könne nicht gegen, sondern nur mit der schwangeren Frau wirksam geschützt werden, betonte die SPD-Politikerin. Im übrigen rechtfertige auch die Anzahl der späten Schwangerschaftsabbrüche die Forderung der Union nicht. „Im Jahr 2003 gab es 128.000 Schwangerschaftsabbrüche, davon erfolgten genau 217 nach der 23. Woche“, so Ferner.

Grüne: Union argumentiert realitätsfremd
Auch die Grünen-Politikerin Irmingard Schewe-Gerigk wundert sich über den Kollegen von der CSU. „Johannes Singhammer scheint sowohl Schwierigkeiten mit Gesetzestexten wie auch mit der Realität zu haben“, sagte sie am 16. März in Berlin. Was die Betroffenen bräuchten, seien keine Drohungen mit dem Strafrecht, sondern Unterstützung und Hilfe in einer extrem schwierigen Situation, betonte Schewe-Gerigk.

CSU-Politiker Singhammer gibt sich derweil optimistisch, die strittigen Punkte mit dem Koalitionspartner bis zur Sommerpause geklärt zu haben. Schließlich verfolgen seiner Meinung nach beide Parteien die gleiche Zielrichtung. Die Ziele des CSU-Politikers lassen sich indes aus einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) vom 20. Januar 2004 herauslesen: Damals tat sich Singhammer mit der Forderung hervor, das Geld, mit dem die Bundesländer sozial schwachen Frauen in besonderen Situationen die Abtreibung ermöglichen, anderweitig zu verwenden. „Es ist skandalös, dass Geld für Kinderspielplätze fehlt, aber für die Abtreibung vorhanden ist“, sagte er dem BR.

Mehr zum Thema:
Abtreibungsgesetz: 10 Jahre Reform des § 218 (04.10.2005)

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