zwd Berlin. „Vergiftetes Geschenk“, „Trojanisches Pferd“, „Zementkragen für finanzschwächere Länder“: Auf ihrer Sitzung im Bundesrat am Freitag haben die Ministerpräsident*innen der Länder den Bund durchweg scharf kritisiert. Grund ist vor allem die vorgesehene künftige Aufteilung der Finanzierungsanteile zwischen Bund und Ländern bei Investitionen in die Schulinfrastruktur über Art. 104b Grundgesetz (GG). So sollen laut der vom Bundestag bereits Ende November beschlossenen Vorlage die Kosten bei gemeinsamen Projekten ab dem Jahr 2020 jeweils hälftig getragen werden – ein im Haushaltsausschuss des Bundestages spät hineinverhandelter und mit den Ländern nicht abgestimmter Passus. Nach Ansicht der Länder führe dies dazu, dass finanzschwächere Länder von der neuen Regelung in der Praxis kaum oder gar nicht profitieren könnten.
„Bund steht auf der Bremse, nicht wir“
„Wir sind sehr verärgert darüber, dass die Hoheit der Länder durch die Hintertür eingeschränkt werden soll“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Man warte seit über zwei Jahren auf den Digitalpakt Schule und werde es nicht akzeptieren, dass die ausbleibende Realisierung nun an den Ländern festgemacht werde. „Der Bund steht auf der Bremse, nicht wir“, bekräftigte Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Die Änderung des Art. 104b sei für die Verabschiedung des Digitalpakts nicht notwendig, sondern vielmehr ein „Frontalangriff auf die föderale Ordnung der Bundesrepublik.“ Eine Verschiebung der Kompetenzen befürchtet auch Volker Bouffier (CDU), Ministerpräsident Hessens. „Wenn im Grundgesetz künftig von einer Verbesserung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungssystems der Länder die Rede ist, geht es kurz darauf in einem zweiten Schritt unweigerlich auch um Inhalte“, mahnte er. Die Anfang des Jahres an den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD beteiligten Ländervertreter*innen hätten lediglich zugestimmt, im Art. 104c den Passus zu streichen, nach dem nur finanzschwache Kommunen mit Bundesmitteln unterstützt werden können.
Beschwichtigende Töne aus Niedersachsen
Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) bekräftigte wie auch viele ihrer Amtskolleg*innen den politischen Willen der Länder, den Digitalpakt Schule schnell umsetzen zu wollen. Dieser sei jedoch losgelöst von der Verfassungsänderung zu betrachten. „Der Bund stoppt den Digitalpakt, indem er eine Modifizierung des Grundgesetzes dranhängt, die damit nichts zu tun hat“, kritisierte Schwesig.
Versöhnlicher äußerte sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Er hoffe, dass die nicht abgesprochene Änderung des Artikels 104b ein „Ausrutscher“ in den Beziehungen zwischen Bund und Ländern gewesen sei. Aus seiner Sicht sollte die Kritik am Bund „um eine Oktave tiefer gesungen“ werden.
Im Anschluss an die Debatte stimmten die Ministerpräsident*innen wie erwartet einvernehmlich dafür, in der Frage den Vermittlungsausschuss anzurufen.