Business-Frauen : Gleichstellung in den Unternehmen ist gescheitert

9. Februar 2003 // zwd Berlin (bie) -

Zweite internationale Konferenz World Women Work vom 6. bis 7. Februar in Berlin

Knapp zwei Jahre nach der freiwilligen Vereinbarung zur Gleichstellung von Männern und Frauen zwischen Wirtschaftsverbänden und der Bundesregierung haben die Frauen nicht die Chefsessel der deutschen Unternehmen erobert. Das ist das Ergebnis der zweiten internationalen Konferenz World Women Work, die vom 6. bis 7. Februar in Berlin stattgefunden hat. Doch Bundesfrauenministerin Renate Schmidt (SPD) will sich nicht festlegen, ob sie die Unternehmen in Zukunft sanktionieren will.

Männerbünde sorgen für Klischees
Die Erfahrung lehrt viele Frauen in der Arbeitswelt: Erfolg macht Frauen „unsexy“. Wer kennt nicht die gängigen Vorurteile Karrierefrauen seien zickig und verbissen. Männern hingegen wird zugestanden, selbstbewusst, strebsam und zielorientiert zu sein. „Sie verlieren lediglich ihren Sexappeal, wenn sie im Job versagen“, sagt der US-amerikanische Männerforscher Michael S. Kimmel. Da nutzt auch der Hinweis von Hans-Olaf Henkel, Präsident der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz (WGL) nichts, der rührselig an seine Mutter, selbstständige Unternehmerin und allein erziehende Mutter erinnerte, um zu beweisen das Frauen in der Wirtschaft durchsetzungsstark sind. Denn die Realität der Deutschen Wirtschaft ist: Es gibt zu wenig Chefinnen in Unternehmen. Nach Angaben der Unternehmensberatung Accenture, die auch in diesem Jahr wieder Gastgeberin der Konferenz war, sind es in Deutschland gerade einmal fünf Prozent. In den Vorständen der DAX-Unternehmen ist keine einzige Frau vertreten.

Kinderbetreuung ist nicht Problem Nummer eins
Vorsichtige politische Versuche mit einer freiwilligen Vereinbarung den Unternehmen doch noch ein bisschen Motivation in Sachen Frauenförderung abzuringen sind, so das Ergebnis der internationalen Konferenz, gescheitert. „Es ist rein gar nichts passiert“, sagte die Geschäftsführerin der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung Heide Pfarr mit Blick auf die freiwillige Vereinbarung zwischen Regierung und Privatwirtschaft. „Die Unternehmen beharren weiterhin auf ihrer männlichen Kultur.“
Politisch dürfte auch weiterhin wenig zu erwarten sein. Bundesfrauenministerin Schmidt hatte zwar in ihrer Ansprache mehr Kinderbetreuung und familienfreundlichere Betriebe gefordert, doch dies interessierte nur einen Bruchteil der anwesenden Damen aus der Wirtschaft. Denn die Tatsache, dass viele Frauen an der gläsernen Decke scheitern, hat nur bedingt etwas mit ihrem Wunsch nach Kindern oder ihrem Mutterdasein zu tun. Nach einer Untersuchung von Accenture ist die männliche Unternehmenskultur „Aufstiegsblockierer“ Nummer eins für Frauen – mit oder ohne Nachwuchs. An zweiter Stelle folgt erst das Problem, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. „Ich habe diesen ganzen Familienkram satt“, bemerkte eine selbstständig Single-Unternehmerin aus Frankfurt am Rande der Veranstaltung. Vielmehr stehe die Frage im Raum wie Frauen stärker als Existenzgründerinnen gefördert werden könnten. Eine Angestellte aus einem Großunternehmen „will endlich darüber reden wie mehr Frauen in die oberen Etagen gebracht werden können“ und erwartet von der Politik „konkrete Vorschläge“.

Wieviel Regulierung braucht die Gleichstellung?
Die Diskussion um ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft wurde von Renate Schmidt jedoch nur am Rande gestreift und in die „Konjunktiv-Rhetorik“ verpackt – es könnte sein, dass, aber ganz sicher sei es nicht. Rückblickend wurde sogar die ehemalige Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) für ihren Gesetzes-Vorstoß in der vergangenen Legislaturperiode gelobt, der letztendlich von Kanzler Gerhard Schröder abgewiegelt worden ist. Heide Pfarr bezeichnete Bergmann gar als letzte Frauenministerin während es nunmehr nur noch eine Familienministerin gebe.

Da überraschte es doch, dass ausgerechnet Henkel gesetzliche Regelungen für die Privatwirtschaft forderte. „Natürlich brauchen wir auch Regulierungen und Gesetze – daran führt kein Weg vorbei“, so Henkel. Positive Anreize statt Sanktionen und mehr steuerliche Vorteile für Putzhilfen sind laut Henkel die Lösung für eine künftige Gleichstellungspolitik. Doch auch in seinem derzeitigen Arbeitsbereich der Leibnizgesellschaft scheint diese Botschaft noch nicht angekommen zu sein: Unter den 80 InstitutsddirektorInnen ist lediglich eine Frau.

Für eine gesetzliche Regulierung der Gleichstellung in Betrieben haben sich auch diejenigen ausgesprochen in deren Ländern Frauen der Erfolg nicht so schwer gemacht wird wie in Deutschland. Die schwedische Frauenministerin Margareta Winberg hält Frauen in Unternehmen für das Beste was einem Betrieb passieren kann. Sie will 2004 eine Quote für den Frauenanteil in Betrieben einführen, wenn diese selbst keine Gleichstellung herbeiführten. Und die Begründerin des Women’s Internationale Networking (WIN) Kristin Engvig aus der Schweiz ist sich sicher: „Rollenmodelle ändern sich nicht von selbst, sondern sind ein Resultat von Quotenregeln“. Diese werden jedoch nicht nur von Männern abgelehnt.

Frauen nehmen laut Heide Pfarr an ihrer eigenen Diskriminierung teil. So hat sich beispielsweise eine Mittelständlerin während der Diskussion im Plenum für die Abschaffung des Mutterschutzgesetzes ausgesprochen, da Schwangere einen Wettbewerbsnachteil darstellten. Nach Ansicht von Birgit Gantz-Rathmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbahn und bekennende Quotenfrau gehen vor allem junge Frauen „blauäugig an ihre Karriereplanungen heran“. Nach fünf Jahren im Beruf würden Sie jedoch konfrontiert mit den typischen Männerbünden. Hans-Olaf Henkel jedoch findet die Präsenz von Kinderwägen in der Öffentlichkeit schon einen Fortschritt für die Frauen. Katharina Reiche, Bildungsexpertin der Union, habe den Ex-BDI-Chef sehr erfreut, indem sie ihren Nachwuchs einfach auf eine politische Veranstaltung mitgebracht hat. „So ein Erlebnis hatte ich noch nie“, bemerkte Henkel.

www.worldwomenwork

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