zwd Berlin. Das von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD entworfene Hebammenreformgesetz ist die erste Hebammenreform seit den 1980er Jahren und sieht künftig eine duale Hochschulausbildung unter der Zugangsvoraussetzung einer zwölfjährigen allgemeinen Schulausbildung oder einer abgeschlossenen Ausbildung in einem Pflegeberuf vor. Dadurch soll ein wissenschaftliches Studium mit der beruflichen Ausbildung verbunden werden, damit „Hebammen [..] den Anforderungen des komplexer werdenden Gesundheitssystems durch eine anspruchsvolle, stärker wissenschaftlich ausgerichtete und gleichzeitig berufsnahe Ausbildung begegnen können“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Dies entspricht der EU-Richtlinie 2005/36/EG von 2005, die alle EU-Mitgliedsstaaten bis zum 18. Januar 2020 umgesetzt haben müssen.
Opposition sieht Verbesserungsbedarf
Die Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Linke befanden den Gesetzentwurf für längst überfällig. „Deutschland ist bei der Umsetzung der Verordnung das Schlusslicht in der EU, und das hätten Sie verhindern müssen“, beanstandete die Sprecherin für Gesundheitsförderung der Grünen-Bundestagsfraktion, Kirsten Kappert-Gonther in der Debatte im Bundestag. Zwar sei der Gesetzentwurf richtig, doch liefere er keine Antworten darauf, wie bereits ausgebildete Hebammen sich nachträglich akademisch qualifizieren können. „Völlig blank“ bliebe die Neuregelung zudem bei den dringend notwendigen Verbesserungen in der Geburtshilfe: Zwar werde die Ausbildungsreform mittelfristig wirken, doch der Notstand in den Arbeitsbedingungen der Hebammen müssten nach Ansicht Kappert-Gonthers jetzt verbessert werden.
Als „tatsächlich gut gelungen“ beurteilten die frauenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Cornelia Möhring sowie Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der Liberalen, den Gesetzentwurf. Dass das duale Studium auch an privaten Hochschule gebührenfrei sein und durch keine Höchstdauer begrenzt sein soll (wie im Gesetzentwurf mit maximal acht Semester vorgeschlagen) unterstrich Möhring. Ferner plädierte sie dafür, dass für eine weitere Aushandlung der Gesetzesvorlage die aktuelle Situation in der Geburtshilfe mehr in den Blickpunkt genommen werden müsse: „Die Versorgung bricht zusammen, weil viele Hebammen ihren Beruf nicht mehr attraktiv finden oder weil sie sich nur noch um die Vor- und Nachsorge kümmern. Die Arbeitsbelastung ist hoch – weil Personal fehlt. Und die Vergütung ist angesichts der enormen Verantwortung viel zu niedrig.“ Um künftigen Hebammen eine optimale Ausbildung bieten zu können, brauche es allerdings qualifiziertes Personal, „die die Zeit und Ruhe, die sie für diese Arbeit benötigen, auch zu bekommen.“
Koalition möchte Hebammenberuf attraktiver machen
Um die Attraktivität des Hebammenberufs zu steigern, setze der Gesetzentwurf nach Meinung der gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag (CDU), an den erforderlichen Stellen an. Ein qualitativ hochwertiges und modern ausgestaltetes duales Studium soll in Deutschland angehenden Hebammen die bestmögliche Ausbildung ermöglichen.
Beim Umschwung auf ein duales Studium handele es sich nach der zu Protokoll gegebenen Rede der sozialdemokratischen Abgeordneten Bettina Müller um kein elitäres „Höhere-Töchter-Studium“. Diese öffne sich „sehr breit und wird auch an allen Varianten hochschulischer Einrichtungen möglich sein, bis hin zum Berufskolleg. Hier haben die dafür zuständigen Länder die freie Wahl.“
Keine Allround-Lösung für Probleme rund um den Hebammenberuf
Auch der Deutsche Hebammenverband begrüßte „ausdrücklich“ den Gesetzentwurf und hält die Akademisierung des Hebammenberufs für den richtigen Schritt. „Das Gesetz jetzt zügig zu verabschieden und in den Ländern alle Weichen für die Umsetzung zu stellen hat jetzt die Priorität“, ließ Yvonne Bovermann, Präsidiumsmitglied im Deutschen Hebammenverband (DHV) und Beirätin für den Bildungsbereich, in einer Stellungnahme verlauten. Nichtsdestotrotz lösten die geplanten Anänderungen jedoch nicht alle akuten Probleme um die Arbeitssituation von Hebammen. Hierfür seien weitere Maßnahmen nötig.
Der Gesetzentwurf wird am 12. Juni im Gesundheitsausschuss des Bundesrates, am 26. Juni im federführenden Gesundheitsausschuss des Bundestages sowie voraussichtlich am 28. Juni im Bundesrat weiter diskutiert.