AKTUELLES BUNDESTAG : Meldungen aus der Bildungspolitik

18. April 2024 // Ulrike Günther

Anträge, Anfragen, Regierungsantworten zu Bildungsthemen: Frauenanteil an Hochschulprofessuren gestiegen - Mobbing bei 15-jährigen Schüler:innen Problem - Mehr durch Auslands-BAföG geförderte Studierende - „Startchancen-Programm" für besseres Lernen an Grundschulen - ​Bekämpfen von Antisemitismus in Schule und Hochschule

Deutscher Bundestag - Bild: Wikimedia/ Stephen Prößdorf
Deutscher Bundestag - Bild: Wikimedia/ Stephen Prößdorf

Aktuelles aus dem Bundestag - Im Überblick (10.04. - 17.04.)

Frauenanteil an Hochschulprofessuren gestiegen

Der Anteil weiblicher Professor:innen an bundesdeutschen Hochschulen hat sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht auf 28,0 Prozent (+ 0,8 Prozent) erhöht. Laut einer Antwort der Bundesregierung (Drs. 20/ 10896) auf eine Anfrage der Unionsfraktion (Drs. 20/ 10513) ist es das Ziel, die Anzahl von Frauen, die Professuren innehaben, dynamisch weiter in Richtung auf paritätische Verhältnisse zu steigern. Dafür investieren der Bund und die Länder jeweils zur Hälfte in das Professorinnenprogramm 2030 (2023 – 2030 insges. 320 Mill. Euro). Insgesamt vergrößerte sich die Zahl der im Bereich Forschung und Entwicklung Beschäftigten im Laufe eines Jahres bis 2022 um knapp 4,1 Prozent (2021: 753 940 Mitarbeiter:innen), seit 2020 um 6,9 Prozent auf 784.611 Personen (2020: 733 831 Beschäftigte) und soll nach den Plänen der Regierung weiter zunehmen. Für 2023 liegen gemäß den Angaben der Koalitionsregierung aktuelle Daten noch nicht vor.

Gestiegen sind auch die Investitionen in Forschung und Entwicklung. Der Regierungsantwort zufolge förderte der Bund den Bereich zusammen mit Ländern, Kommunen und Wirtschaft 2022 mit Mitteln in Höhe von 121,4 Mrd. Euro, 8,2 Mrd. Euro mehr als im Jahr davor (2021: 113,2 Mrd. Euro). Wie die Bundesregierung ausführt, betrug der Anteil der für Forschung und Entwicklung ausgegebenen Finanzen 2022, auf der Grundlage vorläufiger Berechnungen, wie schon 2020 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BiP). Für 2023 sind nach Regierungsaussagen noch keine Daten verfügbar. Bis 2025 sollen die Fördermittel, mit denen der Bund Forschung, Technologieentwicklung und Anwendung finanziert, auf 3,5 Prozent des BiP steigen. (17.04.2024)


Mobbing bei 15-Jährigen Problem

Über ein Fünftel der 15-jährigen Schüler:innen in der Bundesrepublik (21 Prozent) ist nach eigenen Angaben mehrere Male im Monat Opfer von Mobbing. Das zeigen Ergebnisse der PISA-Studie 2022, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (Drs. 20/ 10912) auf eine Anfrage der Unionsfraktion (Drs. 20/ 10717) mitteilt. Die Tendenz gegenüber der PISA-Erhebung 2018 sei leicht rückläufig (PISA 2018: 23 Prozent). Beim Kinder- und Jugendtelefon der „Nummer gegen Kummer“, einem kostenfreien Hilfsangebot für junge Menschen und Eltern, war Mobbing 2023 in 4.564 Beratungen Thema, schreibt die Regierung weiter, damit betrug ihr Anteil 5,2 Prozent an allen Gesprächen der Hotline.

Der im Februar in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) soll europaweit Minderjährigen auf Online-Portalen durch geeignete, adäquate Maßnahmen Schutz und Sicherheit gewähren, einschließlich vor Cyber-Mobbing.Ob die DSA-Vorgaben konkret helfen, Mobbing zu bekämpfen, bleibe vorerst ebenso offen wie die Frage, welche Leitlinien die Europäische Kommission zum Minderjährigenschutz herausgeben werde, erklärt die Regierung. Eine weitere Beratungs-Hotline, wie sie etwa in Frankreich über eine Alarmschaltung auf Social-Media-Kanälen erreichbar ist, sei zurzeit nicht geplant. (15.04.2024)


Mehr durch Auslands-BAföG Geförderte

2022 haben 30.824 Schüler:innen (4,9 Prozent) und Studierende (95,1 Prozent) Auslands-BAföG bezogen, informiert die Bundesregierung in einer Antwort (Drs. 20/ 10911) auf eine Unionsanfrage (Drs.20/ 10713), im Jahr davor waren es 25.918 Personen (96 Prozent Studierende). Das entspricht einem Anstieg von 18,9 Prozent bei den durch die staatliche Leistung Geförderten. Dabei hat sich der Anteil der Schüler:innen an den Begünstigten leicht (um fast 1 Prozent) erhöht. Für das Jahr 2023 liegen nach Angaben der Regierung bisher noch keine Daten vor. Die durchschnittliche Fördersumme pro Person betrug 2022 monatlich 705 Euro, heißt es in der Antwort weiter. Die finanzielle Unterstützung soll Schüler:innen und Student:innen Auslandsaufenthalte – Semester und Studiengänge, Schuljahre, Praktika – ermöglichen. Grundsätzlich können alle BAföG-Berechtigten die Auslands-Förderung erhalten. Für das Bearbeiten der Anträge sind die Bundesländer verantwortlich, die Vergabe ist von den Einkünften der Antragsteller/innen und der Eltern abhängig, erweitert sich jedoch gegenüber dem normalen BAföG durch eine Reihe von Auslands-Aufschlägen.. (15.04.2024)


„Startchancen“ für besseres Lernen an Grundschulen

Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und Liberalen fordern die Koalitionsregierung in einem Antrag (Drs. 20/ 10968) auf, die Realisierung des „Startchancen-Programms“ zusammen mit den Ländern rasch zu veranlassen, wobei Kommunen, zivilgesellschaftliche Vereine und Wissenschaft mit einzubinden seien. Nach ihrem Willen soll die Regierung in Kooperation mit Ländern und Gemeinden den Prozess der Umsetzung möglichst mithilfe von innovativer Digitaltechnik überwachen, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren. Darüber hinaus rufen die Koalitionsfraktionen die Bundesregierung auf, gemeinsam mit Ländern wie Kommunen langfristig eine „engere, zielgenauere und verbindlichere“ Zusammenarbeit zu etablieren, mit dem Ziel, „gleichwertige Lebensverhältnisse“ herzustellen. Das Bildungswesen soll dadurch qualitativ hochwertiger, besser vergleichbar, leistungsfähiger werden und sich verstärkt weiterentwickeln. Gleichermaßen sollen sie auf diese Weise bundesweite Standards festlegen und perspektivisch „einheitliche() Rahmenbedingungen in den Ländern“ vereinbaren.

Etwa eine Million Schüler:innen profitieren

In dem Antrag erläutern die Fraktionen, dass das Startchancen-Programm ein Finanzvolumen von 20 Mrd. Euro umfassen wird, jeweils die Hälfte stellen zum einen der Bund, zum anderen die Länder bereit. Es ist geplant, mit diesen Mitteln zehn Jahre hindurch ca. 4.000 Schulen mit benachteiligtem Umfeld zu unterstützen. Bildungschancen und Zukunftsaussichten der Schüler/innen würden sich damit verbessern, so die Antragstellenden. Etwa eine Million Kinder und Jugendliche werden nach ihren Angaben bundesweit von dem Programm profitieren. Es soll ihnen helfen, ihre Leistungen und ihre Persönlichkeit zu entwickeln, sowie ihre Basiskompetenzen im Lesen, im Schreiben und in Mathematik stärken. Daher fördern die Startchancen laut Koalitionsfraktionen auch schwerpunktmäßig Grundschulen, wo ihrer Ansicht nach das Fundament für spätere Erfolge in der Bildung gelegt wird. Außerdem unterstütze das Programm die Schulautonomie und intensiviere die Zusammenarbeit von Bildungsverwaltung, Schulaufsicht, Verantwortlichen an den Lernorten und Behörden.

Mittelvergabe nach sozioökonomischen Kriterien

Insgesamt ist das Vorhaben den Antragsteller:innen zufolge darauf ausgerichtet, innerhalb der Laufzeit die Anzahl der Kinder und Jugendlichen an Startchancen-Schulen, welche die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik nicht schaffen, zu halbieren. Die Evaluation soll noch während des Programms beginnen und seinen „evidenzbasierten Ansatz“ unterstreichen. Über drei Fördersäulen stellen die Startchancen investive Mittel für „moderne und zeitgemäße Lernorte“ (400 Mill. Euro Bundesmittel pro Jahr), ein „Chancenbudget“ für die Schul- und Unterrichtsentwicklung (300 Mill. Euro vom Bund jährlich) und Fördergelder für „multiprofessionelles Personal“, vor allem für Schulsozialarbeit, (300 Mill. jedes Jahr vom Bund) zur Verfügung. Bei der Vergabe der Finanzen für die erste Programmsäule soll nach Aussagen der Fraktionen ein neuer, zielgerichteter Verteilschlüssel zum Einsatz kommen. Anders als der sonst angewandte sog. Königsteiner Schlüssel, der sich an Bevölkerungszahl und Steueraufkommen orientiert, berücksichtigt das Verfahren auch sozioökonomische Kriterien, d.h.die Armutsgefährdungsquote, den Zuwanderungshintergrund sowie das Bruttoinlandsprodukt in den Ländern, in denen sich die ausgewählten Schulen befinden. (10.04.2024)


Bekämpfen von Antisemitismus in Schule und Hochschule

Anlässlich zunehmender judenfeindlicher Vorfälle im Bereich von Schulen, Hochschul- und Wissenschaftseinrichtungen in der Bundesrepublik prangert die Unionsfraktion in einem Antrag (Drs. 20/ 10973) Antisemitismus als „völlig inakzeptabel“ an und verurteilt Gewalt an jüdischen Mitbürger:innen „auf das Allerschärfste“. Die ganze Gesellschaft einschließlich der von ihr eingesetzten Institutionen sei aufgefordert, „jüdisches Leben mit aller Kraft zu schützen“, hebt die Fraktion hervor. Für Antisemitismus gebe es in der Bundesrepublik keinen Platz, Jüdinnen und Juden müssten hier „sicher und angstfrei leben“ können.

Die Antragsteller:innen appellieren an die Bundesregierung, innerhalb der Kultusministerkonferenz (KMK) bzw. der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) ein Einvernehmen darüber zu erzielen, Hochschulgesetze in einer Art zu modifizieren, die es gestattet, wegen einer verübten oder angedrohten Gewalttat gegenüber Mitstudierenden verurteilte Täter:innen von der Hochschule zu verweisen. Parallel dazu seien sie regelmäßig vorläufig vom Studium zu suspendieren. Genauso müsse man in den Gremien ein „gemeinsames Verständnis“ darüber erreichen, in der Folge solcher Taten oder Störungen von Vorlesungen, Seminaren etc. „unverzüglich und wirksam“ über Strafanzeigen und Hausverbote gegen die Verursacher:innen vorzugehen.

Obligatorischer Besuch von Gedenkstätten vorgeschlagen

Überdies sieht der Antrag vor, im Rahmen der vom Bund und den Ländern vereinbarten Weiterentwicklung der sog. Exzellenzstrategie ein konsequentes Bekämpfen von Judenfeindlichkeit in die Bewertungskriterien der Hochschulen angemessen aufzunehmen. Universitäten, die keine zielgerichteten Maßnahmen gegen Antisemitismus ergreifen, dürften nach Ansicht der Fraktion keine Fördermittel des Bundes erhalten. Um Judenfeindschaft gleich welcher Form an den Schulen und Hochschuleinrichtungen „wirksam und nachhaltig“ zu unterbinden, schlagen die Antragstellenden vor, einen von der KMK federführend koordinierten „Runde(n) Tisch zur Bekämpfung von Antisemitismus in Bildung, Wissenschaft und Forschung“ einzurichten, an dem alle relevanten Akteur:innen beteiligt sein sollten. In diesem Kontext seien Empfehlungen zu erarbeiten und umzusetzen, wie man staatliche Maßnahmen gegen Judenfeindlichkeit weiterentwickeln könnte.

Darüber hinaus ruft die Fraktion die Regierung auf, zusammen mit den Ländern und der Allianz der Wissenschaftsorganisationen dafür zu sorgen, Aktivitäten der israelfeindlichen Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) in Bildung und Forschung zu verhindern und den Unterstützer/innen in den Einrichtungen keinen Raum zu gewähren. Außerdem appellieren die Antragsteller:innen an die Bundesregierung, die Gründung eines „Institutes für jüdische Gegenwartsforschung sowie Israel Studies“ zu unterstützen. Gleichfalls sollte sie nach dem Willen der Fraktion zusammen mit den Ländern und der KMK darauf hinwirken, den deutsch-israelischen Austausch von Schüler:innen, Auszubildenden und Studierenden, besonders über schulische und Städtepartnerschaften, zu vertiefen. Weiterhin fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, sich zusammen mit den Ländern dafür zu engagieren, dass alle bundesdeutschen Schüler:innen einmal in ihrer Schulzeit als Teil des Unterrichts, mit umfangreicher Vorbereitung und Nachbesprechung, ein ehemaliges KZ des Nazi-Regimes besuchen. (10.04.2024)

Artikel als E-Mail versenden