BILDUNGSHAUSHALT 2020 : Rossmann (SPD): „Frau Karliczek hat netto sogar mehr Geld zur Verfügung“

3. Juli 2019 // Hannes Reinhardt

69 Millionen Euro weniger im Bildungsbereich als 2019: So sieht der am 26. Juni von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgestellte Haushaltsplan für das kommende Jahr aus. Was steckt jedoch hinter den vermeintlichen Kürzungen? Der Vorsitzende des Bundestagsaus­schusses für Bildung und Forschung, Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD), stellt im zwd-POLITIKMAGAZIN ex­klusiv klar: Die Kritik am neuen Bildungshaushalt ist unberechtigt.

Bild: (c) Ernst Dieter Rossmann
Bild: (c) Ernst Dieter Rossmann

zwd-POLITIKMAGAZIN: Herr Dr. Rossmann, die Einspa­rungen im Bildungsbereich haben für Kritik und Unverständnis gesorgt. Zu ­Recht?

Dr. Ernst Dieter Rossmann: Es sieht zwar auf den ersten Blick so aus, als ob für den Einzelplan 30, den Haushalt von Frau Karliczek also, der Betrag wirklich von 18,270 Milliarden Euro auf 18,201 Milliarden Euro im Haushalt 2020 sinkt. Das ist ja nur ein oberflächlicher, von wenig Sachkunde und Hintergrundwissen bestimm­ter Blick. Denn diesem numerischen Rückgang von 69 Millionen Euro steht der Wegfall eines durchlaufenden Postens an die Länder in Höhe von 714 Millionen Euro gegenüber, so dass es realiter ein ordentliches Plus gibt, das sie in ihrem Ressortbereich nach den jüngsten Zahlen zusätzlich in 2020 gestaltend ausgeben kann. Bei diesem durchlaufenden Posten handelt es sich um die Kompensationsmittel, zu deren Zahlung der Bund sich gegenüber den Ländern für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2019 wegen der weggefallenen Mittel des Bundes an den Gemeinschafts­aufgaben Hochschulbau (695 Mio. Euro) und Bildungsplanung (19 Mio. Euro) noch jährlich verpflichtet hat. Und das sogar ohne Zweckbindung, so dass die Länder diese Mittel für alles und nicht automatisch nur für Bildung und Wissenschaft ausgeben konnten.

Darüber hinaus erwarten die Länder ab 2020 9,7 Milliarden Euro zusätz­lich aus den neu geordneten Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Das ist für die Länder und hoffentlich auch für die Bildung und die ­Wissenschaft ein wirklich gutes Geschäft. Deshalb ­beschwert sich ja auch kein einziges Bundesland. Und für Frau Karliczek gibt es, wie gesagt, netto mehr Geld und mehr Gestaltungsspielraum. Olaf Scholz als Finanzminister ist hier überhaupt kein Vorwurf zu ­machen, weder von der Ministerin noch von den Oppositionsparteien, zumal ja auch noch die Mittel für den Digitalpakt Schule, in der Gesamthöhe von fünf Milliarden Euro bis 2023 und einer Anschubfinanzierung in Höhe von 720 Millionen Euro, sowie für die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung vom Finanzminister geschultert werden. Bildung, Wissenschaft und Forschung sind für 2020 und für die Folgejahre echte Gewinner und ­keine Sparbüchse. Zusammen mit mehr gesetzlich gesicherten Mitteln für das neue BAföG stehen über eine Milliarde Euro 2020 zusätz­lich ­bereit. Das Gerede von den Kürzungen für 2020 ist jedenfalls großer Quatsch und hat wohl bei den meisten mit Unkenntnis und bei einigen mit Boshaftigkeit zu tun.

Ministerin Karliczek war Scholz Ende April über die Medien angegangen. Zu diesem Zeitpunkt war von Kürzungen in Höhe von über 500 Millionen Euro die Rede. Zeigt das ihre Verzweiflung, wenn Frau Karliczek über die Medien ihren Standpunkt verbreitet?

Zur Verzweiflung hat sie ja real keinen Grund. Die Priorität Bildung, Wissenschaft und Forschung wird mit dem Plus im Einzelplan 30 weitergeführt und mit den anderen Großvorhaben ja erst recht. Die Ministerin wird hier wohl eher gedacht haben, dass sie mit den Wölfen ein bisschen heulen musste. Es gibt da ja auch einige Scharfmacher bei der CDU und der CSU und auch in den einschlägigen Medien, die ein besonderes Interesse daran haben, auch ohne Grund und wider besseres Wissen dem Finanzminister am Zeug flicken zu müssen. Von den Fakten her ist das überhaupt nicht gedeckt. Und es ist auch undankbar gegenüber dem Finanz­minister, der ja schließlich auch für die Ministerin beim Digitalpakt die Kohlen aus dem Feuer geholt hat und auch bei den drei großartigen Pakten, die jetzt zwischen dem Bund und den Ländern verabschiedet worden sind, wirklich sehr hilfreich gewesen ist. Hier soll eine negative Legende gegen den Finanzminister von der SPD und auch gegen die SPD insgesamt ­aufgebaut werden. Das gehört sich nicht und da muss dann auch ein klares Wort mit klaren Fakten dagegengesetzt werden.


Genauso klar ist aber auch, dass wir uns als Bildungs- und Wissenschaftspolitiker natürlich dafür einsetzen, mögliche Finanz­spielräume und Finanzzuwächse auch für die weitere Förderung von Bildung und Wissenschaft und Forschung im Bundeshaushalt zu nutzen. Das tun wir aber aus Überzeugung und Engagement für die Sache, und nicht um den Koalitionspartner schlechtzu­machen und den Finanzminister aus durchsichtigen Gründen in die Ecke zu stellen. Mit guten überzeugenden Argumenten haben wir es dann ja auch hinbekommen, dass der Finanzkorridor, der für das BAföG im Koalitionsvertrag noch auf eine Milliarde Euro ­begrenzt gewesen ist, jetzt auf 1,3 Milliarden Euro für diese Legislaturperiode hochgewachsen ist. Das ist das Ergebnis von Beharrlichkeit, guter Sacharbeit und echter Unterstützung durch den Finanzminister.

Das vollständige Interview lesen Sie in der kommenden Ausgabe (Nr. 370) des zwd-POLITIKMAGAZINs. Die Fragen stellte zwd-Redakteur Hannes Reinhardt.

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