Paus spielte damit auf die Bundestags-Drucksache 20/13734 an, mit dem die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 14. November ihre Forderung nach mehr Hilfe und Unterstützungsangebote für von Gewalt betroffene Frauen gefordert hatte. In weitreichender Übereinstimmung mit dem vom Bundeskabinett am 27. November verabschiedeten Entwurf eines Gewalthilfegesetzes hatte die Oppositionsfraktion zahlreiche Maßnahmen verlangt: unter anderem einen dritten nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zur verlässlichen Finanzierung von Frauenhäusern und einen Rechtsanspruch auf Schutz und fachliche Beratung. Allerdings hatte sich die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Vize-Parteivorsitzende Silvia Breher skeptisch darüber geäußert, ob eine Verabschiedung in dem noch zur Verfügung stehenden engen Zeitrahmen möglich sei. Dem widersprach Ministerin Paus ausdrücklich.
Paus: Der neue Finanzminister „hat einiges möglich gemacht“
Der Zeitplan für die parlamentarische Bearbeitung des Gesetzes sei auch dann ausreichend, wenn die eine oder andere Sitzungswoche bis Februar 2025 noch ausfiele und auch wenn noch eine Sachverständigenanhörung geplant werde. Nach den Worten von Paus ist es den Frauen völlig egal, wer in der Verantwortung sei. Es dürfe nicht – wie bei anderen Vorgängen mit frauenpolitischer Relevanz – an die Seite geschoben werden. Sie erinnerte daran, das unbeschadet die Zuständigkeit der Länder für Schutzmaßnahmen und Frauenhäuser mit Hilfe des Investitionsprogrammes des Bundes in Höhe von 30 Millionen Euro seien 900 Frauenhausplätze neu errichtet bzw. saniert worden. Das reiche aber nicht aus und die Förderung wäre ohnehin befristet gewesen. Für eine Verstetigung der Förderung sei eine gesetzliche Regelung nötig.
Bisher war der Gesetzentwurf durch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit finanziellen Argumenten blockiert worden, aber, so Paus: „Jetzt haben wir einen neuen Finanzminister, und der hat einiges möglich gemacht“. Paus zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz sowohl den Bundestag als auch den Bundesrat erfolgreich passieren könne, weil der vor zwei Jahren eingerichtete „Runde Tisch" das Vorhaben intensiv beraten habe. Daran seien auch Unionsvertreter:innen beteiligt gewesen.
Als Wahlkampfthema nicht geeignet
Das Thema eigne sich nicht für den bevorstehenden Bundestagswahlkampf, ergänzte Paus. Ihre Bemerkung zielte auf das Statement des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Merz vom 14. November. Er hatte in einem auf der CDU-Homepage veröffentlichten Statement der Ampel vorgeworfen, sie hätte „drei Jahre Zeit gehabt und nichts getan“. Die Union fordere einen nationalen Aktionsplan, der Frauen besser schützt und Täter konsequenter zur Verantwortung ziehe. Dazu gehören mehr Schutzräume, eine klare Finanzierung von Frauenhäusern – und der Einsatz moderner Mittel wie der elektronischen Fußfessel.
Zügiger Beginn des parlamentarischen Verfahrens
Nach Angaben von Paus soll nach dem Kabinettbeschluss zügig das parlamentarische Verfahren eingeleitet werden. Denkbar ist, dass der Gesetzentwurf bereits zeitgleich dem Bundesrat und Bundestag zugeleitet wird. Nach der ersten Beratung im Bundesrat ist absehbar, ob noch Hürden aus den Ländern gegen das Gesetz aufgestellt werden. Mit dem im Bundeskabinett beschlossenen Gewalthilfegesetz wird nach Paus „endlich“ ein wirksames Mittel im Kampf gegen die grassierende Gewalt gegen Frauen in Deutschland herbeigeführt:.
- „Erstens, weil wir damit einen Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung bei Gewalt einführen.
- Zweitens, weil die Länder verpflichtet werden, ein bedarfsgerechtes Angebot an Schutz- und Beratung sicherzustellen und darüber hinaus angehalten werden, Maßnahmen zur Prävention von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt zu schaffen.
- Und drittens, weil der Bund die Länder dabei für die kommenden zehn Jahre finanziell unterstützen wird.
Deutschland habe ein Gewaltproblem gegen Frauen und mit diesem Gesetz können die Gewalt bekämpft werden: „Diese Trendumkehr ist bitter nötig“ (Paus).
Die Bundesregierung hat, wie Paus hervorhob, erstmals alle Bedingungen der Istanbul-Konvention in Kraft gesetzt. Sie verwies auf die grundgesetzlich geregelte Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Jetzt würden die Grundlagen geschaffen, dass auf der Basis der Haushalts 2027 die Umsetzung des Gesetzes, wenn es jetzt beschlossen werde, anzugehen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes stünden dann 2,2 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren als Zuschüsse an die Länder zum Ausbau und Sicherung der Strukturen zur Verfügung: „Das ist relevantes Geld“, fügte Paus hinzu, zumal sie glaubt, dass es solches Geld im kommenden Jahr nicht mehr so einfach geben werde.
Im Hinblick darauf, dass ein Rechtsanspruch aufgrund des Gesetzes erst 2030 wirksam werden kann, verwies Paus auf die Erfahrungen mit Kita und Ganztag. Bevor ein solcher Rechtsanspruch wirksam wird, müssten erst einmal die Platzkapazitäten geschaffen werden, damit ein solcher Rechtsanspruch auch einlösbar sei. Nach dem Anhaltspunkt aus der Istanbul-Konvention müsste Deutschland seine Kapazitäten verdreifachen. Um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln, würde die Länder mit dem Gesetz verpflichtet, Bedarfsplanungen zu erstellen. Wenn das Gesetz jetzt beschlossen würde, hätten die Länder dafür im Jahre 2026 ausreichend Vorlauf.