Der Wunsch nach einer stärkeren paritätischen Aufteilung elterlicher Betreuung ist laut dem federführenden Verband der Arbeitsgemeinschaft Interessenvertretung Alleinerziehender (AGIA) nicht mit einem anderen Leitbild zu erreichen. Die Argumentation: Die aktuelle Rechtspraxis ist je nach Fall an dem maximalen Kindeswohl ausgerichtet und entscheidet nach dem am häufigsten von getrennten Eltern praktizierten Betreuungsmodell: Die Frau trägt nach der Trennung die überwiegende ökonomische Verantwortung und erzieherische Hauptlast für die Kinder. Eine gesetzliche Verankerung eines paritätischen Wechselmodells könnte somit vor allem für Frauen mehr Chancen in der eigenen Erwerbstätigkeit und Existenzsicherheit eröffnen. Die gesellschaftliche Realität zeigt aber, dass eine solche Betreuungsform derzeit nur von 4% der Trennungseltern angewendet wird. Eine aktuelle Studie des BMFSFJ hat nach Angaben von ADIA nachgewiesen, dass auch nur für 52% der Trennungseltern ein solches Modell in Frage kommen würde. Paritätische Erziehungsmethoden werden meist von Eltern auf freiwilliger Basis - mit Zustimmung der Kinder - durchgeführt.
Ein gesetzliches Regelmodell wirft viele Fragen auf
Aus der Sicht der Verbände kann sich unabhängig von den ökonomischen
Voraussetzungen und kompromissfreudigen Kontaktbedingungen der Eltern ein gesetzlich festgeschriebenes Wechselmodell auch für das Kindeswohl als
problematisch herausstellen. Der ständige Wechsel des Umfelds durch eine Doppelresidenz
könne für das Kind als erhöhte psychische Belastung gelten, denn nicht für alle
Trennungskinder ist der ausgeglichene Kontakt zu beiden Elternteilen kindeswohl-förderlich.
Bei der Wahl eines Betreuungsmodells kann, so die Einschätzung, somit nicht immer von einem Regelfall
ausgegangen werden. Zudem solle geklärt werden, ob mit der überwiegend väterlichen
Nachfrage nach einem Wechselmodell tatsächlich das Wohl der Kinder oder nur das Beharren auf
vermeintlichen Rechten in den Vordergrund steht. Die unterzeichnenden
Verbände fordern deshalb eine kindergerechte Familienpolitik, die
Variationen zulässt und keine standardisierten Abläufe vorgibt.