In der Debatte über die vom Bundestag beschlossene Gesetzesvorlage zur Wahlrechtsreform hat die Regierungschefin von Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig deutliche Kritik an der Ampel-Vorlage geübt. Schwesig gab dazu folgende Erklärung zu Protokoll:
"Die mit der vorliegenden Reform des Wahlrechtes verbundene Möglichkeit, dass ein Direktkandidat mit einer Mehrheit der Erststimmen kein Mandat im Deutschen Bundestag erhalten könnte, ist aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns nicht vermittelbar. Diese Regelung benachteiligt insbesondere einzelne Länder, darunter Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Wahlergebnisse der Parteien relativ dicht beieinanderliegen, es also keine deutlichen Abstände zwischen dem Wahlsieger und den Nächstplatzierten gibt. Die ungleiche Behandlung der Erststimmen lässt Zweifel daran aufkommen, ob diese Regelung mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Wahlrechtsgleichheit (Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes) vereinbar ist. Auch der Entfall der Grundmandatsklausel wird nicht als angemessenes Instrument angesehen, um das Ziel einer Verkleinerung des Deutschen Bundestages zu erreichen. Aus Sicht Mecklenburg-Vorpommerns wäre die Umsetzung der 2021 beschlossenen Reform des Wahlrechts für die Bundestagswahl 2025 abzuwarten gewesen. Eine Neuregelung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht geboten."
Zuvor hatten die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt und Bayern, Reiner Haseloff (CDU) und Markus Söder (CSU) die Wahlreformpläne der Ampel-Koalition im Bundestag scharf kritisiert. Während Haseloff dem Gesetz bescheinigte, es schadet sowohl der parlamentarischen als auch generell der Demokratie in Deutschland und die Erwartung äußerte, dass zumindest das Bundesverfassungsgericht hier korrigierend eingreifen werde, sprach Söder bereits jetzt von einem "verfassungswidrigen Gesetz". Es stelle einen massiven Eingriff in die Föderalstruktur Deutschlands dar und es verletzt fundamentale demokratische Prinzipien. Haseloff wie Söder prangerten die Zweistimmenbindung der Abgeordnetenmandate an, die im Ergebnis dazu führen könnte, dass direkt gewählte Personen gleichwohl möglicherweise kein Mandat erhalten würden wenn die Partei des Kandidaten nach dem Zweitstimmenergebnis nicht eine ausreichende Anzahl von Mandaten erreicht.
Verfassungsexpert:innen - auch in der Wahlrechtskommission des Bundestages - halten hingegen das Gesetz für verfassungskonform und verweisen in diesem Zusammnenhang auf vergleichbare Regelungen in der Bayerischen Landesverfassung, die schon in den 50er Jahren vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof als verfassungsgemäß anerkannt worden sind.
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