zwd Gießen/Berlin. Zwar bescheinigt er der deutschen Friedens- und Konfliktforschung insgesamt, mit großem Weitblick und der erforderlichen Flexibilität politisch wie gesellschaftlich relevante Themen zu bearbeiten und sieht das interdisziplinäre Forschungsfeld, das sich mit Ursachen und Folgen von gewaltsamen Konflikten und mit der dauerhaften Stabilisierung von Frieden befasst, insgesamt sehr gut aufgestellt. Durch eine bessere Vernetzung innerhalb des Forschungsfeldes und mit angrenzenden Disziplinen ließe sich das große Potenzial in Forschung und Politikberatung allerdings noch besser ausschöpfen und die internationale Sichtbarkeit weiter erhöhen. „Diese Vernetzung kann die Friedens- und Konfliktforschung mit ihren oft sehr kleinen, breit über das Bundesgebiet verteilten Standorten nicht aus eigener Kraft erreichen“, sagte die WR-Vorsitzende Prof.´in Martina Brockmeier. Doch auch die Länder nimmt der WR in die Pflicht. Er rief sie auf, zu prüfen, ob sie regionale Kooperationen der Friedens- und Konfliktforschung durch komplementäre Programme weiter stärken können.
„Finanzielle Ausstattung der Stiftung Friedensforschung merklich verbessern“
Lange Zeit galt Friedens- und Konfliktforschung als verlängerter Arm der Friedensbewegung und stand unter Ideologieverdacht. „Dieser Vorwurf ist heute nicht mehr haltbar“, betonte Brockmeier. „Inzwischen ist sie eine empirisch-analytische Wissenschaft, die zu Recht großen Wert auf parteipolitische Neutralität und politische Unabhängigkeit legt.“ Als wichtigen Ausdruck dieser Entwicklung begrüßte der WR die Annäherung an die sicherheitspolitische Forschung.
Nach Einschätzung des WR ließe sich die internationale Aufmerksamkeit hinsichtlich der deutschen Friedens- und Konfliktforschung zudem weiter erhöhen, wenn sich die Wissenschaftler*innen standortübergreifend auf gemeinsame Forschungsstrategien verständigen und zentrale Themen gemeinsam bearbeiten würden. Hier sieht er auch die Forschenden selbst in der Pflicht. Handlungsbedarf sieht er auch im Hinblick auf die Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF). Diese im Jahr 2000 von der Bundesregierung gegründete Fördereinrichtung hat vor allem die Verankerung der Friedens- und Konfliktforschung an deutschen Universitäten unterstützt und fördert kleinere Forschungsprojekte, die oftmals den Grundstock für anschließende größere Vorhaben bilden. Da diese Förderung des Forschungsfelds bislang nahezu ausschließlich aus den Erträgen des Stiftungskapitals (rund 27 Millionen Euro) erfolgt, engt die anhaltende Niedrigzinsphase den Handlungsspielraum der DSF spürbar ein, so der WR. Er appelliert daher an die Bundesregierung sowie den Bundestag, die finanzielle Ausstattung der DSF rasch merklich zu verbessern. Um die unabdingbare politische Unabhängigkeit zu gewährleisten und die Arbeitsfähigkeit der Stiftung langfristig zu sichern, spricht er sich zudem für eine angemessene Aufstockung des Stiftungskapitals aus.
Grüne: Wachsende Ausgaben für Rüstungsforschung dringend notwendig“
„Angesichts internationaler Krisen und Konflikte braucht deutsche und multilaterale Politik einen klaren friedenspolitischen Kompass“, sagte der forschungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Kai Gehring. Der große Nachholbedarf in konventionellen, aber auch biologischen und chemischen Abrüstungsfragen sowie neuen Technologien sei ein klarer Handlungsauftrag an die Bundespolitik. „Konfliktvermeidung und menschenrechtsbasierte Lösungen müssen dabei die wertegeleitete Grundlage sein und sind – gerade angesichts wachsender Ausgaben für Rüstung und Rüstungsforschung – dringend notwendig.“ Dies gelte auch für die Forschungspolitik der EU, die als Friedensmacht endlich mehr in Friedens- und weniger in Rüstungsforschung investieren sollte.