„Das Jahr 2024 muss das Jahr der Gleichstellung werden."
Mit diesen Worten umriss die 34jährige Juristin, die den Wahlkreis Starnberg vertritt, die Zielsetzungen ihrer Fraktion für das neue Jahr. Nach der Streichung des §219a aus dem Strafgesetzbuch gelte es, nun weitere große frauenrechtspolitische Vorhaben vorantreiben. Wegge zählt dazu unter anderem eine klare gesetzliche Regelung zu den Gehsteigbelästigungen. Es sei unerträglich, dass Frauen, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befänden, von radikalen Abtreibungsgegner*innen vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Arztpraxen belästigt und beleidigt würden. Jede Frau habe das Recht, sich frei und ohne unerwünschte Übergriffe zu entscheiden, ob sie Mutter werden wolle oder nicht. Die bayerische SPD-Politikerin verwies darauf, dass ihre Fraktion daher bereits Anfang des vergangenen Jahres „proaktiv" ihren Vorschlag für eine Regelung im Schwangerschaftskonfliktgesetz vorgelegt habe, der Gehsteigbelästigungen unterbinde.
Der gegenwärtig in der Verbändeanhörung befindliche Referentenentwurf ist nach den Worten Wegges dazu „genau der richtige Weg: Nämlich einer, der Gehsteigbelästigung klar als Ordnungswidrigkeit mit entsprechenden Sanktionen einstuft." Die SPD-Bundestagsfraktion, fügte die Politikerin hinzu, befürworte die geplante Regelung des Gesetzentwurfs, wonach in Zukunft die Zahlen zu Schwangerschaftsabbrüchen bundesweit zentral erfasst werden sollen. Damit werde eine umfangreichere Datenlage zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gesichert.
Wegge: SPD-Frauen erhoffen sich ein klares Zeichen zugunsten von Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches
Mit Blick auf die im letzten Jahr eingesetzte Expert*innen-Kommission zur Evaluierung des §218 StGB sowie zur Eizellspende und Leihmutterschaft, die im März ihren Bericht vorlegen soll, sagte die SPD-Politikerin, sie erhoffe sich von der Kommission, „dass sie sich an die Seite der Frauen stellt und ein klares Zeichen zugunsten von Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches setzt". Frauen, betonte Wegge, dürften nicht länger den Drohungen des aktuellen Strafrechts nach §218 ausgesetzt bleiben. Der SPD-Bundesparteitag habe ihrer Bundestagsfraktion klare Forderungen für eine Ausgestaltung außerhalb des Strafgesetzbuches mitgegeben. In dem Beschluss des SPD-Bundesparteitages vom 10. Dezember heißt es einleitend:
„Bei der Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches ist zu gewährleisten, dass Frauen die Entscheidung, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen oder nicht, in einem wertefreien Rahmen treffen können und jede Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Wir schließen uns der WHO (Abortion Care Guidlines 2022) und der IPPF an, die das Vertrauen, das Frauen verdienen, zum Ausdruck bringt."
Der Parteitagsbeschluss enthält einen neun Punkte umfassenden Forderungskatalog.
CDU-Grundsatzprogramm: Frauen sollen weiter bevormundet werden
Kritisch äußerte sich Wegge zu dem im Dezember vorgelegten Grundsatzprogramm-Entwurf der CDU, der kurz nach dem SPD-Bundesparteitag veröffentlicht worden war. Darin heißt es einerseits: „Die geltende Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch bildet einen mühsam gefundenen gesellschaftlichen Kompromiss ab. Zu dieser Rechtslage stehen wir.“ Andererseits kommt die CDU aus Sicht von Wegge zugleich den selbsternannten Lebensschützern entgegen, in dem sie unter anderem formuliert „Der Schutz des Lebens in allen Lebenslagen hat für uns Christdemokraten eine überragende Bedeutung. Das ungeborene Leben bedarf unseres besonderen Schutzes.“ Wenn die Union im gleichen Atemzug sage, sie wolle sich mit der „hohen Zahl an Abtreibungen“ nicht abfinden, dann bedeutet das in den Worten der frauenrechtspolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion: „Die CDU verschließt die Augen komplett vor der Realität und will die Frauen weiterhin in ihrer Selbstbestimmung bevormunden."
Stattdessen seien gute Hilfsangebote und ein entsprechendes gesellschaftliches Klima nötig, um es Frauen und Männern in Konfliktsituationen zu erleichtern, sich für das Leben zu entscheiden. Nur dann könnten Frauen, so Wegge, informiert und selbstbestimmt entscheiden, ob sie Schwangerschaften austragen wollten oder nicht. Dazu gehöre der Zugang zu einer ganzheitlichen Beratung erhalten, die unter anderem staatliche Unterstützungsleistungen, vertrauliche Geburten, Familienplanung und auch die Bekämpfung von Fehlinformationen – wie z.B. über das „Post-Abortion-Syndrom“ – enthalten. Für die SPD-Bundestagsfraktion bleibe klar: „Selbstbestimmt Schwangerschaften im Rahmen der Verhältnismäßigkeit abzubrechen, darf nicht weiter kriminalisiert werden. Wir müssen den betroffenen Personen in etwaigen Konfliktsituationen beistehen und ihnen nicht mit dem Strafrecht drohen." (Wegge).