STATISTIK FRAUEN POLITIK : Frauen unterrepräsentiert: Von Parität in der Politik weit entfernt

25. Juni 2024 // Ulrike Günther

Frauen sind in politischen Ämtern weltweit noch nicht annähernd gleichberechtigt. Eine aktuelle Statistik von UN Women zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der politischen Entscheidungsträger:innen männlich ist. Das deutsche Komitee des UN-Frauenrechtsvereins fordert gleiche Teilhabe für Frauen und Abbau struktureller Benachteiligung.

UN Women-Frauenmarsch für Gleichstellung in Neu-Delhi, Indien. - Bild: flickr/ UN Women/ Deepak Malik.
UN Women-Frauenmarsch für Gleichstellung in Neu-Delhi, Indien. - Bild: flickr/ UN Women/ Deepak Malik.

zwd Berlin. Laut UN Women Deutschland haben Frauen derzeit nur in 26 Staaten der Welt (13,5 Prozent) die oberste Machtposition inne. In 113 der insgesamt 193 Länder (59 Prozent) besetzte noch keine Frau das Spitzenamt in Staat oder Regierung. Trotz Fortschritten seien politische Funktionen immer noch vorrangig Männern vorbehalten, stellt der UN-Frauenrechtsverein fest und erkennt bei der politischen Gleichstellung deutliche Mängel. Das deutsche Komitee fordert angesichts solcher Daten „eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an allen politischen Entscheidungen“. Weniger als ein Viertel (23 Prozent) der Minister:innen sind weiblich und überwiegend mit den Aufgabenbereichen Gleichstellung, Familie und Soziales betraut. 141 Staaten haben unter ein Drittel Frauen in ihren Regierungen, in 7 Ländern sind alle Kabinettsmitglieder Männer. Im Bundestag sind weibliche Abgeordnete zu gut einem Drittel (35 Prozent) vertreten.

Deutsches UN Women-Komitee tritt für Paritätsgesetz ein

Frauen an Positionen von Macht und Entscheidungen zu beteiligen, sieht die Vorsitzende des deutschen Nationalkomitees von UN Women Elke Ferner als essenziell „für eine nachhaltige gerechte Welt“. Sie betonte, dass benachteiligende gesellschaftliche Strukturen die politische Beteiligung von Frauen beeinflussten. „Diese diskriminierenden Strukturen müssen dringend abgebaut werden“, erklärte Ferner in einer Stellungnahme am Dienstag. Ein Paritätsgesetz sei für die Bundesrepublik „mehr als überfällig“. Darüber hinaus tritt die Vorsitzende des deutschen UN Women-Vereins dafür ein, die EU-Kommission paritätisch zu besetzen und die Gleichstellungskommission zu erhalten. UN Women Deutschland ist eine unabhängige Nichtregierungsorganisation (NGO), die als eines von 13 nationalen Komitees die Arbeit des Frauenrechtsverbandes UN Women unterstützt. Der Verein setzt sich für Geschlechter-Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen ein.

Bis rund ein Drittel Frauen UN-Botschafter:innen

Männliche Dominanz erstreckt sich Daten der Frauenrechtsorganisation zufolge bis in Gremien der UN hinein: Demnach waren im Mai bloß ein Drittel (Genf: 35 Prozent) bis ein Viertel (New York: 25 Prozent) der Ständigen Vertreter:innen bei den Vereinten Nationen Frauen. Ihre Arbeit sei von dem Glauben getragen, dass die Welt, wenn Frauen Führungsrollen übernehmen, „für alle Menschen und den Planeten besser“ sei, bekräftigte die Geschäftsführerin von UN Women Sima Bahous anlässlich des Internationalen Tags für Frauen in der Diplomatie am 24. Juni. Mit Blick auf das statistisch größte Wahljahr 2024, in dem rund 70 Staaten weltweit ihre Stimmen für Präsiden:innen oder Parlamente abgeben, unterstrich Bahous, man müsse Frauen an die erste Stelle setzen, „an die Spitze der Macht, wo und wann es am wichtigsten ist“.

Nach Angaben von UN Women besaßen 15 Staaten (7,8 Prozent) weltweit zum Jahresbeginn ein weibliches Staatsoberhaupt, 16 (8,2 Prozent) hatten Regierungschefinnen. In 15 Ländern bekleideten Frauen die Hälfte oder mehr der Ministerpositionen, mit Finnland auf Rang 1 der Staatenliste mit 63,2 Prozent weiblichen Minister:innen, gefolgt von Nicaragua (62,5 Prozent) und Liechtenstein (60 Prozent). Paritätische Regierungsteams (50 Prozent Frauen) haben u.a. Spanien, Ecuador und Moçambique. Deutschland liegt mit 7 von 15 Minister:innen im Länder-Ranking hinter Frankreich (Plätze 17 und 18), Schlusslichter ohne Frauen in den Regierungskabinetten bilden u.a. Ungarn, Saudi-Arabien und Jemen.

Ministerinnen meist in frauentypischen Ressorts

Als Ministerinnen haben Frauen nach Angaben von UN Women mit Abstand die höchsten Anteile am Gleichstellungs-Ressort (87 Prozent), für den Bereich Familie sind sie zu 67 Prozent, für Sozialministerien zu 43 Prozent zuständig. In klassischen Männergebieten, wie Außenpolitik, Wirtschaft (jeweils 22 Prozent), Justiz (19 Prozent), Finanzen (14 Prozent) und Inneres (13 Prozent) sind Frauen weiterhin eher selten tätig. Über ein Gleichstellungsministerium verfügen 89 Länder (46 Prozent), die meisten davon in Afrika südlich der Sahara (39 Staaten) und Lateinamerika inkl. Karibik (19 Staaten), In Europa und Nordamerika haben lediglich 11 Länder eine solche Abteilung eingerichtet.

Die höchsten Quoten von Ministerinnen gibt es mit fast einem Drittel in Europa und Nordamerika (32,5 Prozent), die wenigsten mit knapp 10 Prozent in Zentral- und Südasien. Wie aus der aktuellen Statistik der Interparlamentarischen Union (IPU), einer globalen, für Demokratie und Parlamentarismus engagierten Organisation, vom April hervorgeht, sitzen weltweit 26,9 Prozent Frauen in den staatlichen Parlamenten, die meisten in Ruanda (61,3 Prozent), Cuba (55,7 Prozent) und Nicaragua (53,9 Prozent). Deutschland rangiert mit 35,3 Prozent noch vor Großbritannien (34,8 Prozent) im Ländervergleich im oberen Viertel, keine weiblichen Abgeordneten weisen die Parlamente von Oman, dem Inselstaat Tuvalu und dem Jemen auf.

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