zwd Berlin. Im heute (03. Dezember) von der Regierung vorgelegten 14. Menschenrechtsbericht bekennt sich die Bundesrepublik zum Engagement gegen den international zu beobachtenden Trend, Räume zivilgesellschaftlichen Handelns einzuschränken und Fortschritte in Richtung auf Gleichberechtigung zurückzudrängen.
In dem federführend vom Auswärtigen Amt (AA) erstellten Bericht legt die Regierung Rechenschaft über die zwischen Oktober 2018 und September 2020 durchgeführten innen- und außenpolitischen Maßnahmen zum Schutz von Menschenrechten ab. Darüber hinaus entwirft sie im Rahmen eines Aktionsplanes ein Programm für die Jahre 2021 bis 2022, das die grundlegenden Rechte aller Menschen weiter stärken und ausbauen soll.
Regierung möchte Frauenrechtskonvention umsetzen
Auf der Agenda für mehr Gleichstellung in Deutschland hat sich die Regierung u.a. gleiche Löhne, verbesserte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen, von Geschlechterstereotypen befreite Studien- und Berufswahl, vereinfachte Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach Erziehungs- oder Pflegezeiten zum Ziel gesetzt. Darüber hinaus will die Regierung die Umsetzung der Frauenrechtskonvention CEDAW der Vereinten Nationen (UN) vorantreiben. Neben weiteren Hilfen für die Länder zum Gewaltschutz ist eine vergleichende repräsentative Geschlechterstudie zu Gewalt vorgesehen.
Weltweit strebt die Regierung gemäß ihrem Aktionsplan danach, über die entwicklungspolitische Zusammenarbeit reproduktive Gesundheit zu fördern, Drittstaaten beim Schutz von Frauen vor Diskriminierung zu unterstützen und sich für das Durchsetzen von Frauenrechten stark zu machen.
Gleiche Chancen für Frauen noch nicht erreicht
Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie und die periodischen Gleichstellungsberichte bezeichnet die Regierung als Mittel, um die deutsche Gesellschaft näher an die bisher noch nicht erreichte Gleichberechtigung heranzubringen. „Ungleiche Verwirklichungschancen zeigen sich in vielen Lebensbereichen“ konstatiert der Bericht mit Blick auf die Problemlagen in der Bundesrepublik.
Weiterhin habe man mit einer Reihe von Projekten, z.B. zur Berufsvermittlung von Müttern mit Migrationsgeschichte, die Integration zugewanderter Frauen gefördert. Mit dem Bundesprogramm Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen versuche die Regierung, häusliche und sexualisierte Gewalt gegen Frauen einzudämmen.
Maas: Krise leistet Rückfall in tradierte Rollenklischees Vorschub
Laut Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sind Frauen von den Rückschlägen gegen die Menschenrechte besonders stark betroffen. Ihre ohnehin in Hinsicht auf die Umsetzung gleicher Rechte und von Beteiligung schwierige Situation verschärfe sich noch durch die Herausforderungen der Krise, wie die zusätzliche Übernahme von Pflege- und Betreuungsarbeit. Das hindere Frauen nach Aussagen von Maas nicht nur „in der Ausübung zivilgesellschaftlicher Verantwortung oder politischer Ämter“, gleichzeitig sei „ein Rücksprung in althergebrachte Rollenbilder“ erkennbar.
Ähnlich benennt der am Tag zuvor vom Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) veröffentlichte Jahresbericht zur Menschenrechtssituation in der Bundesrepublik während der Krise deutlicher hervortretende prekäre Lebensverhältnisse und Handlungsbedarfe. Dazu gehören demnach u.a. die „Prävalenz häuslicher Gewalt und die Unterfinanzierung des Hilfesystems durch Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser, die Überlastung und Unterfinanzierung der Pflegenden und von Pflegeeinrichtungen“.
Multilaterale Allianz soll Rückschlägen entgegenwirken
Die vom Bericht der Bundesregierung beschriebene Entwicklung, dass Errungenschaften auf dem Gebiet der Gleichstellung scheinbar wieder zu schwinden drohen, lässt sich aus Sicht von Außenminister Maas jedoch nicht nur auf die Pandemie, sondern teilweise auch auf systematische, rückwärtsgewandte Kampagnen von Gegner*innen der Gleichstellung zurückführen.
„In der Allianz für den Multilateralismus haben wir starke Bündnisse gegen den ´Rollback´ universeller Werte (…) gebildet“, erklärte Maas anlässlich der Veröffentlichung des Berichtes. Den Schutz von durch sexualisierte Gewalt betroffenen Frauen in Konflikten habe die Bundesrepublik in einer UN-Resolution festgeschrieben.
Mit der unter bundesdeutschem Vorsitz im Sicherheitsrat in Folge der Resolution Frauen, Frieden, Sicherheit beschlossenen Zusatzvereinbarung 2647 werden nach Angaben des AA die Bedürfnisse von Opfern sexueller Gewalt und die Strafverfolgung von Täter*innen in den Fokus gerückt. Dennoch zeigen nach Auffassung der Regierung die verschiedenen multilateralen Verhandlungen, dass zunehmend weltweit und sogar innerhalb der EU „sexuelle und reproduktive Rechte und die sexuelle Selbstbestimmung und Identität infrage gestellt werden“.
Rechte von Frauen in Konflikten am meisten gefährdet
Für den Berichtszeitraum stellt der Menschenrechtsbericht in Ländern der Welt schwerwiegende Verstöße gegen die Grundrechte von Frauen und Kindern fest, vor allem in Konfliktregionen und auf der Flucht. Es gebe „wenig Anlass zur Hoffnung auf Verbesserung ihrer Lage“. Um die Verwirklichung internationaler Abkommen, wie der UN-Frauenrechtskonvention CEDAW, oder der Ergebnisse der Pekinger Weltfrauenkonferenz voranzutreiben, setzt sich die Regierung dem Bericht zufolge in anderen Staaten für Menschenrechte von Frauen ein.
Durch Unterstützung weltweit agierender Frauenvereine, wie der unabhängigen Frauenrechtsorganisation UN Women, versucht sie, die gleichberechtigte Teilhabe und reproduktive Selbstbestimmung von Frauen zu fördern und geschlechtsspezifische Gewalt einschließlich traditioneller, Menschenrechte verletzende Praktiken, wie Genitalverstümmelung, Zwangs- und Kinderehen, sowie Frauen- und Mädchenhandel zu beseitigen.