KÖNIGSTEINER SCHLÜSSEL „EINMOTTEN" : GEW drängt auf sozial gerechtere Zuweisung von Bundesmitteln

8. September 2022 // Holger H. Lührig

Die GEW plädiert für eine sozial gerechtere Verteilung von Bundesmitteln an die Länder im Rahmen des geplanten Startchancen-Programms der Ampel-Koalition. Mit dem Programm sollen bundesweit 4000 Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Schüler:innen gestärkt werden.

Villa Rothschild in Königstein (Taunus), wo der Finanzverteilungsschlüssel 1950 durch die Länderministerpräsidenten aus der Taufe gehoben wurde (Bildquelle: Wikipedia)
Villa Rothschild in Königstein (Taunus), wo der Finanzverteilungsschlüssel 1950 durch die Länderministerpräsidenten aus der Taufe gehoben wurde (Bildquelle: Wikipedia)

Die bisherige Verteilung von Bundesmitteln im Rahmen von Bund/Länder-Vereinbarungen im Schulbereich, die nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel erfolgt, habe die Bildungsungleichheit vergrößert statt zu mehr Chancengleichheit geführt, erklärte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern am Dienstagabend bei einem Pressegespräch in Berlin. Die GEW-Vorsitzende plädierte dafür, den bisherigen Verteilerschlüssel nicht lediglich am Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl der Länder auszurichten, sondern durch Einbeziehung von sozialen Indikatoren bildungsgerechter auszugestalten. Finnern bezog sich dabei auf die Erfahrungen mit der Bundesförderung beim Digitalpakt sowie für Ganztagseinrichtungen. Nach ihren Worten „muss ungleiches ungleich behandelt werden!" Die GEW-Chefin verlangte von Bund und Ländern, endlich dafür zu sorgen, „dass die Bundesgelder dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt würden: in benachteiligten Stadtvierteln und Regionen, bei armen Familien."

Dafür haben wir einen neuen Verteilungsschlüssel entwickelt, der für mehr Chancengleichheit sorgt“, fügte Finnern hinzu, denn es sei „nicht akzeptabel, dass Bildungserfolg und Lebenschancen der Menschen von der Postleitzahl abhängen.“ Von Bund und Ländern verlangte die Bildungswerkschaft, unverzüglich Verhandlungen zu einem sozial gerechten Verteilungsmodus aufzunehmen und den „Königsteiner Schlüssel“ einzumotten.

Die GEW bei einer Wissenschaftlergruppe unter Mitwirkung der Hochschullehrer Hans-Peter Füssel, Jörg-Peter Schräpler und Horst Weishaupt ein entsprechendes Gutachten in Auftrag gegeben, das am Dienstag vom Redaktionsleiter der wissenschaftlichen GEW-Zeitschrift „Die Deutsche Schule“ Detlef Fickermann vorgestellt wurde. Es schlägt Alternativen zum Königsteiner Schlüssel vor, der bisher eine Verteilung von Bundesmitteln auf die Länder nach dem Steueraufkommen (zwei Drittel) und nach der Bevölkerungszahl der Länder vorsieht. Die Alternative beinhaltet aus Sicht der Autorengruppe eine Verteilung der Mittel auf der Grundlage von neun Indikatoren, die sich auf vier Dimensionen beziehen:

1. Wirtschafts- und Finanzkraft der Länder
2. Soziale Bedürftigkeit
3. Bildungsstand
4. Bevölkerungssituation.

Das Gutachten und weitere Informationen stehen unter „www.gew.de/bildungsfinanzierung" zur Verfügung.


Siehe auch die Ausgaben 379 und 391 des zwd-POLITIKMAGAZINs zum Thema "Königsteiner Schlüssel", die bereits im Jahre 2020 eine Veränderung des sozial ungerechten Verteilungsschlüssels angemahnt und mit entsprechenden Berechnungen untermauert hatten.

Ausgabe 379 (Download)

Ausgabe 381 (Download)

mit Gastbeiträgen von Saskia Esken (MdB/SPD-Vorsitzende), Ernst Dieter Rossmann (MdB/SPD, Vors. BTG-Ausschuss B+F), Margit Stump (MdB/Grüne), Katja Kipping (MdB, Vors. Linke) und Jörg Dräger (Bertelsmann-Stiftung) sowie einem zwd-Beitrag mit Berechnungen zur Frage: Wie könnte erreicht werden, dass die Laptop-Millionen aus dem 500--Millionen-Sofortprogramm des Bundes an die Länder entsprechend dem tatsächlichen Bedarf verteilt werden? Wir präsentieren Beispielrechnungen, nach denen es den Kultus- und Finanzminister*innen in Ländern wie NRW, Hamburg, Berlin und Bremen wie Schuppen von den Augen fallen müsste. (Übersichts-Link hier)




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