zwd Berlin. Auch 20 Jahre nach der Bologna-Erklärung, die eine Internationalisierung von Hochschulen in Europa in Gang setzte, sind die Potenziale der europäischen Bildungspolitik noch nicht zufriedenstellend ausgeschöpft - darin waren sich die Beteiligten der Fachtagung „Bildung und Europa - Traum oder Wirklichkeit?" einig. Sah das Einführen der Bachelor- und Masterstudiengänge eine Internationalisierung von Hochschulen in Europa vor, attestierte die GEW dem „Europäischen Hochschulraum“ nach wie vor Verbesserungsbedarf.
Zwar habe die europäische Bildungspolitik bislang gute Projekte wie die europäische Forschungsförderung oder die Anerkennung von (Studien-)Abschlüssen eingeleitet. Die Umsetzung sei allerdings viel zu oft standortorientiert, eine akademische Freiheit nicht gegeben und Mobilität der Bildungselite vorenthalten, befand der stellvertretender Vorsitzender der GEW und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, Andreas Keller. Eine durch die Finanzkrise eingetretene massive Sparpolitik in der EU habe sich seit 2009 insbesondere auf den Bildungsbereich ausgewirkt und fällige Besserungen verlangsamt.
Europa-Spitzenkandidatinnen fordern Bildungsausbau auf europäischer Ebene
Auch die SPD-Spitzenkandidatin für die kommende Europawahl, Katarina Barley, forderte im Rahmen der GEW-Fachtagung eine europaweite Verdreifachung der finanziellen Mittel, die den Hochschulen zugutekommen soll. Die Bologna-Erklärung spicke eine Geschichte von „Licht und Schatten“, da nach wie vor viele Baustellen insbesondere in der Ausbildungsförderung und Anerkennung von Anschlüssen bestünden. Zur besseren Vernetzung brauche es laut Barley eine „europäische Hochschulkonferenz“.
Nicola Beer, Spitzenkandidatin der FDP, sprach sich insbesondere für die Errichtung eines Haushalts für Bildung auf europäischer Ebene aus. Ferner böte eine europäische Ausbildungsagentur die richtigen Impulse, um Europa im Bildungsbereich „erfahrbar" zu machen.
„Bologna hat eine zweite Chance verdient“
Im Namen der Bildungsgewerkschaft sei es Keller zufolge unabdingbar, nun auf europäischer Ebene – gerade im Zuge der EU-Wahlen am 26. Mai – auf diese Diskrepanzen in der Wissenschafts- und Bildungspolitik aufmerksam zu machen. Ein Europa der Zukunft baue laut Keller auf einer gemeinsamen Teilhabe auf. Hier diene Bildung als Grundpfeiler zur Teilhabe, da sie ebenso in die Bereiche Politik, Wissenschaft, Persönlichkeitsbildung und Mobilität greife und die soziale Dimension der europäischen Hochschullandschaft maßgeblich mitgestalte.
Konkrete Forderungen der GEW an die europäische Bildungs- und Wissenschaftspolitik sind unter anderem ein verbesserter Zugang zu Masterstudienplätzen, die Aufwertung der beruflichen Bildung, eine bessere Betreuungssituation und damit mehr Dauerstellen in der Lehre. Auch die Grundlagenforschung sowie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, insbesondere in der beruflichen Bildung, müssten ausgebaut werden. Bologna habe gute Impulse gesetzt und damit „eine zweite Chance verdient", betonte Keller. Dafür setze sich die GEW weiterhin auf europäischer Ebene ein.