Nach Angaben von Paus sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Bund Frauenhäuser und Schutzeinrichtungen von 2026 an mit bis zu 141,5 Millionen Euro jährlich mitfinanziert. Zentral entscheidend sei für die Länder eine Finanzzusicherung des Bundes gewesen, erklärte Bundesfrauenministerin Paus auf zwd-Nachfrage in der Bundespressekonferenz. Darüber hatte sie nach eigenen Angaben lange Zeit „mit dem damaligen Finanzminister darüber keine Einigkeit erzielen“ können. Der neue Bundesfinanzminister Dr. Jörg Kukies (SPD) habe dem Gewalthilfegesetz eine Einstiegsfinanzierung von 112 Millionen Euro garantiert. Bis zum Jahr 2028 seien Ausgaben von 141,5 Millionen Euro geplant, die „sowohl für Investitionen als auch für den Betrieb von Frauenhäusern und eben auch für Beratungsstellen“ eingesetzt werden würden, kündigte Paus an. Auf Nachfrage, mit wie vielen neuen Frauenhäusern künftig konkret zu rechnen sei, wolle sie keine konkrete Zahl nennen. Auch der neue Bundesjustizminister Volker Wissing (ehemals FDP) hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger Dr. Marco Buschmann (FDP) keine Einwände gegen den Gesetzentwurf mehr geltend gemacht.
Freie Bahn für einen Kabinettsbeschluss im Bundestag?
Es gehe darum, dass mit dem Gesetz überhaupt erstmal eine Bedarfsplanung entstehe, ergänzte die Ministerin, denn derzeit sei dies eine rein freiwillige und regional unterschiedliche Entscheidung. Mit dem Gewalthilfegesetz werde dafür eine Rechtsgrundlage geschaffen. Paus zeigte sich aufgrund der intensiven Bund-Länder-Vorarbeiten der letzten zwei Jahre zuversichtlich, dass der Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen wird. Sie fügte hinzu, „dass die CDU-/CSU-Fraktion in der letzten Woche noch einen Antrag einbringen wollte, genau mit der Forderung, dass das [Gewalthilfegesetz – Red.] kommen muss". Mit Blick auf den geplanten Finanzierungsbeginn im Jahr 2025, solle das Gesetz am 1. Januar 2026 in Kraft treten, woraufhin die Länder ein Jahr Zeit hätten, den entsprechenden Bedarfsplan auf den Weg zu bringen.
BUNDESLAGEBERICHT DES BKA
Fast jeden Tag ein Femizid
„Wichtig ist, dass eine Frau eben weiß, dass der Rechtsanspruch auf Schutz funktioniert“, bekräftigte Paus vor dem Hintergrund zunehmender Gewalt gegen Frauen in Deutschland, die der am Dienstag veröffentlichte Bundeslagebericht 2023 verzeichnet. Die Daten des vom Bundeskriminalamt (BKA) herausgegebenen Berichts verzeichnen einen Anstieg „in allen Bereichen der geschlechtsspezifisch gegen Frauen begangenen Straftaten“ im Vergleich zum Vorjahr. Demnach gab es 2023 beinahe jeden Tag einen Femizid in Deutschland (insgesamt 360). Zählt man die versuchten geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Tötungsdelikte hinzu, hat es einen Anstieg von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr gegeben (938 weibliche Opfer). „Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer Sexualstraftat“ (+6,2 Prozent zu 2022), ordnete Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Zahlen ein und erklärte: „Sie werden Opfer, weil sie Frauen sind“.
„Zudem (…) ein großes Dunkelfeld“
Einen Deliktszuwachs verzeichnen auch die Bereiche der Digitalen Gewalt gegen Frauen (+25 Prozent zum Vorjahr), sowie der frauenfeindlichen Straftaten als Teil politisch motivierter Kriminalität (+56,3 Prozent zum Vorjahr), ergänzte BKA-Vizepräsident Michael Kretschmer und geht mit Sicherheit davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen, insbesondere in den Bereichen Häusliche und Digitale Gewalt, noch wesentlich höher sind“.
Der Bundeslagebericht 2023 gibt erstmalig ein umfassendes Bild von geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten und kommt damit einer zentralen Forderung der Istanbul-Konvention nach, gemäß dem Übereinkommen des Europarates Daten zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt, zu sammeln und bereitzustellen.
Über den Fortgang der Beratungen zum Gewalthilfegesetz berichten wir in Ausgabe 405 des zwd-POLITIKMAGAZINs.