Einen Auszug der Reformpläne der Staatsministern werden nachstehend im Original dokumentiert:
„1. Novellierung Filmförderungsgesetz (FFG) / Bündelung der Förderung des Bundes unter dem Dach der Filmförderungsanstalt (FFA) Zentralisierung der Filmförderung auf Bundesebene: FFA führt künftig die steuermittelfinanzierte kulturelle und allgemein jurybasierte Filmförderung vollständig für die BKM durch. (Die jurybasierte Filmförderung unter dem Dach der FFA vereint die ehemals jurybasierte kulturelle Filmförderung der BKM und die ehemals jurybasierte wirtschaftliche Projektfilmförderung der FFA). Auch die wirtschaftliche Filmförderung aus Mitteln der BKM (derzeit DFFF, GMPF) bleibt weiterhin bei der FFA.
Das Filmförderungsgesetz (FFG) ist die Rechtsgrundlage für die Förderung durch die Filmförderungsanstalt (FFA). Die Finanzierung erfolgt über die sog. "Filmabgabe", die von Kinos, Videowirtschaft, Fernsehveranstaltern und Programmvermarktern als zentralen „Profiteuren“ des deutschen Films erhoben wird.
Die Erhebung dieser Sonderabgabe muss aus finanzverfassungsrechtlichen Gründen fortlaufend überprüft werden; daher wird das FFG befristet (i.d.R. 5 Jahre).
Die zentralen Punkte der FFG-Novellierung und der jurybasierten Förderung unter dem Dach der FFA sind:
2. Einführung eines Steueranreizmodells (Filmförderungszulagengesetz – FFZulG): Die bestehenden zuschussbasierten Standortförderinstrumente der BKM, also der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) I und II und der German Motion Picture Fund (GMPF), sollen durch ein Steueranreizmodell (Filmförderungszulagengesetz – FFZulG) abgelöst werden. Produzentinnen und Produzenten von Filmen und High-End-Serien sowie Produktionsdienstleister würden demnach bis zu 30 % der anerkannten deutschen Herstellungskosten in Form einer aus dem Aufkommen der Körperschaft- und Einkommensteuer finanzierten Filmförderzulage erhalten. Die filmfachliche Prüfung erfolgt durch die FFA, die Auszahlung durch die Finanzbehörden.
Vorteil eines Steueranreizmodelles ist vor allem die Herbeiführung von Planungssicherheit und Verlässlichkeit insbes. für internationale Großproduktionen. Denn anders als DFFF und GMPF sind Steueranreizmodelle ungedeckelt und unabhängig vom jährlichen Haushaltsbudget (Haushaltsmittel für DFFF + GMPF in 2023: rd. 166 Mio. Euro). Der Sorge, dass ein Topf ausgeschöpft wird und daher nicht als sichere Finanzierungsquelle mit eingeplant werden kann, kann damit begegnet werden. Zudem können damit umfangreiche wirtschaftliche Effekte für die jeweiligen Region in Deutschland, in der produziert wird, erzielt. Daher sind steuerbasierte Förderinstrumente z.B. in Spanien oder Ungarn beliebt und erfolgreich.
3. Einführung eines Investitionsverpflichtungsgesetz (InvVG) In- und ausländische Video-on-Demand-Dienste und Fernsehveranstalter, die in Deutschland VoD-Dienste oder Mediatheken anbieten, sollen dazu verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil ihres Nettoumsatzes (bzw. bei den Öffentlich- Rechtlichen Sendern: ihrer Veröffentlichungskosten) in die Herstellung von beziehungsweise in den Rechteerwerb in europäische audiovisuelle Werke zu investieren. Ein solches Investionsverpflichtungsgesetz ist ein nach Art. 13 der Audiovisuellen Mediendienste Richtlinie (AVMD-RL) zulässiges Mittel der Mitgliedsstaaten zur Förderung der Produktion europäischer und nationaler audiovisueller Werke. Herangezogen werden sollen insbesondere ausländische Streamer, die auf den deutschen Zuschauermarkt abzielen, hier aber nicht immer angemessen in Inhalte investieren. Viele deutsche Anbieter erfüllen die Quoten der Investitionsverpflichtung ohnehin, daher ist für diese häufig keine faktische Auswirkung zu erwarten. In zahlreichen anderen Staaten bestehen ähnliche Verpflichtung bereits.
Im FFG: Stärkung der Selbstverwaltung der FFA, mehr Freiheit zur Selbstregulierung. Starke Automatisierung der FFG-Förderung (keine Auswahlkommissionen für Produktion, Verleih und Kino mehr), damit mehr Planbarkeit, Transparenz und Effizienz für alle. Produktionsförderung im FFG (Referenzmittelförderung): Förderung erhält, wer mit seinen Filmen bereits wirtschaftlich und oder kulturell erfolgreich war; zusätzlich gibt es dazu die jurybasierte Produktionsförderung insbesondere für künstlerische ambitionierte Filme aus Mitteln der BKM. Zur Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen wird die jurybasierte Nachwuchsfilmförderung vom Bund beim Kuratorium junger deutscher Film zentral verortet. Für die Produktion von Erstlingsfilmen stehen (in Abhängigkeit des Budgets) die jurybasierten Förderungen offen; Erstlingsfilme, die erfolgreich sind, erhalten eine Referenzmittelförderung (Bsp. Systemsprenger von Nora Fingscheidt, 2019). Die Automatisierung der Verleihförderung im FFG führt zu mehr Sichtbarkeit im Kino. Zusätzlich gibt es dazu die jurybasierte Verleihförderung für künstlerische ambitionierte Filme aus Mitteln der BKM. Erstmals soll es eine Beteiligung der Urheberinnen und Urheber (Drehbuch und Regie) an der automatischen Produktionsförderung im FFG geben. Zusätzlich soll die jurybasierte Entwicklungsförderung aus Mitteln der BKM ausgebaut und modernisiert werden, Schwerpunkt hier: Einführung einer neuen dreistufigen Förderung aus Treatment-, Drehbuch- und Projektentwicklungsförderung. Es gibt eine Automatisierung der Projekt-Kinoförderung im FFG sowie zusätzlich eine Anreizförderung aus Steuermitteln für alle Kinos, insbesondere auch im ländlichen Raum, aus Mitteln der BKM, um künstlerisch-anspruchsvolle Filme zu zeigen. Die Einrichtung eines Diversitätsbeirates als neues Gremium bei der FFA sowie ein Sitz der im Diversitätsbeirat vertretenen Verbände im Verwaltungsrat der FFA sollen unter anderem für mehr Anreize für Diversität sorgen. Der Anwendungsbereich wären alle inländischen und ausländischen Streamer und Fernsehveranstalter, die in Deutschland einen deutschsprachigen Videoabrufdienst beziehungsweise eine Mediathek anbieten. Bemessungsgrundlage ist der Vorjahresnettoumsatz der auf den VoD-Dienstmbzw. die Mediathek entfällt. Bei öffentlich-rechtlichen Sendern: Veröffentlichungskosten des Vorjahres (Programmkosten inkl. Ausstrahlungskosten). Umsätze/Kosten für aktuelle Berichterstattung insb. Nachrichtenformate und Sportsendungen werden nicht berücksichtigt. Investitionsquote: Quote von 20 % von der jeweiligen Bemessungsgrundlage. Davon sollen (1) 60 % in sog. Erstinvestitionen, also die Herstellung neuer Produktionen (im Gegensatz zu reinem Lizenerwerb bestehender Produktionen), (2) 70% in original deutschsprachige Produktionen, (3) 15 % für Kinofilme und (4) 70 % in Produktionen unabhängiger Produzentinnen und Produzenten investiert werden. Dabei können Produktionen natürlich auf mehrere dieser Subquoten angerechnet werden. So kann es zum Beispiel einen englischsprachigen Kinofilm geben, der von unabhängigen Produzenten hergestellt wird. Die Investitionen in diese Produktion würden dann auf 3 von 4 Subquoten (Erstinvestition, Kinofilm, unabhängige Produzenten) angerechnet. Es könnte aber auch eine deutschsprachige Serie von einer Sendertochter hergestellt werden, die dann eben nur auf zwei der 4 Subquoten angerechnet würde (Erstinvestition, deutschsprachig). Rechteklausel: Es dürfen für anrechenbare Investitionen nur die Rechte übertragen werden, die für die Ausstrahlung auf dem jeweiligen Dienst erforderlich sind. Die Rechte fallen zudem nach 5 Jahren an die unabhängigen Produzenten zurück. Wollen Streamer oder Sender die Inhalte länger nutzen, kann dies mit den Produzenten dann auf vertraglicher Ebene neu verhandelt werden. Die Filmabgabe nach dem FFG wird auf die Investitionsverpflichtung angerechnet, reduziert also gegebenenfalls die Höhe der Investitionsverpflichtung für den Streamer oder Sender.“