Bis Ende August wird die Wahlrechtskommissioneinen Zwischenbericht zu ihrem Auftrag vorlegen. Zentraler Beratungsgegenstand ist zunächst die Verkleinerung des Bundestags auf 598 Abgeordnete. Das Eckpunktepapier behandelt drei Punkte:
- die Verkleinerung des Parlaments
- die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre
- die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag
Personalisiertes Verhältniswahlrecht
Dabei bildet das Ergebnis der Listenwahl den Ausgangspunkt für die Zusammensetzung des 598-köpfigen Parlaments. Nach dem Willen der Ampel-Koalition sollen zur Vermeidung von Überhangmandaten einer Partei in einem Land "nur so viele Wahlkreismandate zugeteilt werden, wie ihrer Landesliste Mandate zur Verfügung stehen (Zweitstimmendeckung)". Um das zu erreichen, wird als Lösung vorgeschlagen: "Haben in einem Land mehr Kandidierende einer Partei in ihrem Wahlkreis die relative Mehrheit der Personenstimmen erhalten, als der Partei Listenmandate zustehen, wird den Kandidierenden, die die relativ geringste Zahl an Personenstimmen in ihrem Wahlkreis erhalten haben, kein Mandat zugeteilt." Dazu wird ein für Wähler:innen bisher kaum durchschaubares System der Zuteilung von Mandaten zur Diskussion gestellt. Allerdings sind die Vertreter:innen der Regierungsfraktionen noch nicht so weit, eine verfassungsfeste Lösung zu präsentieren. Das Sekretariat der Kommission soll dazu entsprechende Regelungsvorschläge erarbeiten.
Wahlalter mit 16
Das Eckpunktepapier verweist darauf, dass die Senkung des Wahlalters einer Verfassungsänderung in Artikel 38 Absatz 2 des Grundgesetzes bedarf. In der Kommissionssitzung wurde darauf hingewiesen, dass mit der Vereinbarung im Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen, das Wahlalter abzusenken, eine neue Lage geschaffen worden sei. Zudem stellten die Ampel-Koalitionär:innen klar, dass für die Wahlen zum Europäischen Parlament das aktive Wahlrecht durch den Gesetzgeber ohne Verfassungsänderung auf 16 Jahre abgesenkt werden könne.
Gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag
Unter Hinweis auf den entsprechenden Auftrag des Bundestages, verfassungskonforme Vorschläge zu erarbeiten, heißt es in dem Eckpunktepapier wörtlich:
"1. Frauen und Männer sind im Deutschen Bundestag immer noch sehr ungleich vertreten. Die Kommission hat die Gründe für diese Ungleichheit und die strukturelle Problematik des Zugangs von Frauen zu politischen Ämtern und Mandaten in einer Kommissionssitzung erörtert.
2. Vorschläge zur Veränderung des Wahlrechts durch Einführung zwingender Paritätsregeln bis hin zu Rechtsfragen des Eingriffs in die Satzungsautonomie der Parteien mit Blick auf Kandidierendenaufstellungen als auch Regelungen zu Listenaufstellungsverfahren wurden als Kommissionsdrucksachen eingebracht und kontrovers debattiert.
3. Die Wahlrechtskommission wird im zweiten Halbjahr 2022 die Frage des zu geringen Frauenanteils im Deutschen Bundestag weiter vertiefen und sich im Schwerpunkt mit verfassungskonformen Vorschlägen zur Sicherstellung der gleichberechtigten Repräsentanz befassen.
4. Im Schlussbericht der Kommission an den Deutschen Bundestag werden die Ergebnisse und eine bewertete Vorschlagsliste zu möglichen Paritätsregelungen im Wahl- und Parteienrecht aufgenommen."
In der Kommission machten die frauenpolitischen Sprecherinnen von SPD und Grünen, Leni Breymaier und Ulle Schauws, deutlich, dass ihre Fraktionen mit Nachdruck dafür eintreten, den Anteil der Frauen im Bundestag deutlich - bis hin zur paritätischen Zusammensetzung - zu erhöhen. Der Sprecher der FDP verwies hingegen auf die "bekannte Auffassung" seiner Fraktion.
Keine Zustimmung zum Eckpunktepapier erteilten die Unionsvertreter:innen und die von ihr benannten Sachverständige in der Kommission.
Ausführlich hat sich das zwd-POLITIKMAGAZIN in seiner jüngsten Ausgabe Nr. 392 mit der Wahlrechtsreform beschäftigt und auch ein Positionspapier der Kommissionsmitglieder, der ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärin Elke Ferner und der Sachverständigen Prof.in Silke Ruth Laskowski veröffentlicht.