Diese Ausgabe hat 44 Seiten. Sie enthält eine 12-seitige Beilage "CHANCEN.GLEICHHEIT UND POLITIK" mit dem Thema "Nationaler Bildungsbericht 2024", gestaltet vom zwd-POLITIKMAGAZIN in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Chancengleichheit e.V.. Die Beilage (Seiten 17-28) können Sie hier herunterladen,
hier nebenstehend als Ansicht die erste Seite.
ZWD-TITELGESCHICHTE: BRANDENBURG NACH DER LANDTAGSWAHL (UPDATE)
Migrationsängste überlagerten die Landespolitik
Nach Schließung der Wahllokale am 22. September um 18:00 Uhr wurde im Land zwischen Elbe und Oder eine schwierige Neuaufstellung des Brandenburger Landtags erwartet. Wie in Thüringen und Sachsen hatten die Migrationsprobleme und -ängste den Landtagswahlkampf geprägt. Für ein Drittel der brandenburgischen Wahlberechtigten waren laut Meinungsumfragen Asyl und Migration das „wichtigste“ Thema vor und nach der Landtagswahl. Die gefühlte Wirklichkeit bricht sich jedoch an den Fakten: Der Anteil der Ausländer:innen in Brandenburg liegt bei 1,5 Prozent, bei den Asylanträgen bewegt sich Brandenburg mit Rang 12 auf dem fünftniedrigsten Niveau unter allen Bundesländern. Die positive wirtschaftliche Situation in Brandenburg wurde angesichts des Schlechtredens über die Ampel-Bundespolitik nicht ernstlich zur Kenntnis genommen, ebenso wenig die Wahlprogramme der Parteien. Die vergleichenden Wahlaussagen zur Frauen- und Gleichstellungspolitik, zur Bildungs- und Kulturpolitik, die in dieser Ausgabe zusammengestellt wurden (siehe Seiten 6-9, 12-13), zielen vor allem auf die Zeit nach der Landtagswahl ab. Vermutlich kaum gelesen, entfalten sie ihre Relevanz tatsächlich nun, wenn es um Koalitionsbildungen und -verträge geht.
Verlieren die Frauen die Wahl?
Es hilft nichts, wenn Frauen überproportional seltener AfD wählen (wie geschehen bei den Europa-Wahlen und bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen). Das war auch in Brandenburg am 22. September so. Entscheidender ist, welche Kräfte insgesamt und mehrheitlich für die Gestaltung des Landes verantwortlich sein werden und welche Positionen sie beispielsweise zu den frauen- und gleichstellungspolitischen Erwartungen des brandenburgischen Landesfrauenrates beziehen werden. Nach der Landtagswahl werden die Befürworter:innen pro mehr geschlechtergerechte Teilhabe im künftigen Landtag nur in der Minderheit sein gegenüber CDU, BSW und AfD – weit entfernt von Paritätsforderungen, geschweige denn von einem nochmaligen Anlauf zu einem Paritätsgesetz. Frauen drohen zu den eigentlichen Verliererinnen der Brandenburg-Wahl zu werden. (Seiten 10-11)
INTERVIEW MIT LENI BREYMAIER, FRAUENPOLITISCHE SPRECHERIN DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION
„Das neue Wahlrecht taugt für ein Paritätsgesetz. Es braucht halt den politischen Willen“
Noch ein Jahr bis zur Bundestagswahl am 27. September 2025! Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um wichtige frauenpolitische Vorhaben bis zum Ende der Legislaturperiode durch das Parlament zu bringen. Im zwd-POLITIKMAGAZIN äußert sich die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Leni Breymaier auf Fragen von zwd-Herausgeber Holger H. Lührig. An erster Stelle der für sie wichtigen Themen rangiert für Breymaier neben der Durchsetzung von Regelungen zur gleichberechtigten Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundesparlament die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Nicht weniger bedeutsam ist für die baden-württembergische Politikerin, dass es endlich gelinge, die Finanzierungsstrukturen für Frauenhäuser abzusichern, das Entgelttransparenzgesetz mit einer Prozessstandschaft auszustatten und die EU-Transparenz-Richtlinie umzusetzen. (Seite 29-30)Prof.in HEIDE PFARR: „Bei der Umsetzung in nationales Recht muss entscheidend nachgebessert werden“ (Gastbeitrag im zwd-POLITIKMAGAZIN)
Seit Juni 2023 ist die europäische Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft, Deutschland muss sie bis spätestens Juni 2026 in nationales Recht umsetzen. Sie hat zum Ziel, die immer noch fehlende Entgeltgleichheit durchzusetzen. Dazu macht sie präzise und verbindliche Transparenz- und Rechtsdurchsetzungsvorgaben sowohl für den öffentlichen als auch privaten Sektor. Sie geht davon aus, dass proaktive Instrumente wie Berichtspflichten für Arbeitgeber*innen ab 100 Beschäftigten und betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit geeignet sind, geschlechtsspezifische Verzerrungen in den Entgeltstrukturen systematisch zu beseitigen. Sie setzt daher zurecht nicht länger ausschließlich auf den individuellen Klageweg, der den betroffenen Beschäftigten die Bürde der Geltendmachung auferlegt. Das aktuell in Deutschland geltende Entgelttransparenzgesetz entspricht diesen Vorgaben nicht. Es muss entscheidend nachgebessert werden. (Seiten 31-32)
Die Debatte über die Reform des § 218 ist neu eröffnet
Auf der Grundlage des Berichts der Fachkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin sieht die SPD-Bundestagsfraktion die Möglichkeit, die Reform des § 218 auf einer sachgerechten und wissenschaftsbasierten Grundlage auf ein neues Gleis zu bringen. In Vorbereitung auf die für den Spätherbst anvisierte Befassung des Bundestages mit den Kommissionsempfehlungen hat die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier vorgelegt. Es soll nun dazu beitragen, einen neuen gesellschaftlichen Konsens zugunsten des „Selbstbestimmungsrechts der Frauen“ im Verhältnis zum Schutz des ungeborenen Lebens herbeizuführen. Die Bundestagsfraktion B90/DieGrünen hat ebenfalls Grundsätze formuliert. Einig sind sich die Grünen mit der SPD, dass das Abtreibungsrecht entkriminalisiert werden muss. (Seite 33-35)
Abtreibungen: Legalisierung empfohlen – "Handlungsbedarf" bei Versorgung
Die Empfehlungen der Fachkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin, in den ersten zwölf Wochen Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren, hat drei gegensätzliche Reaktionen ausgelöst. SPD und Grüne streben Regelungen außerhalb des Strafgesetzes an und wollen die prekäre Versorgungslage verbessern. Die Linke und Frauenverbände fordern, Paragraph 218, Fristen und Beratungspflicht zu streichen. Hingegen wollen FDP, CDU/CSU und Deutsche Bischofskonferenz den vom Bundestag am 29. Juni 1995 beschlossenen Kompromiss in Form der Neufassung des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes unangetastet wissen: Die Abtreibungs-Strafvorschrift soll bleiben. Derweil machen Frauenbündnisse mobil. Sie wollen die Reform noch in der laufenden Legislaturperiode des Bundestages erreichen – angesichts der Ungewissheit eines möglichen Rechtsrutsches nach der nächsten Bundestagswahl. (Seiten 36-38)
REFORM DES FILMFÖRDERGESETZES: Mehr Diversität und vielfältigere Filmkultur
Die Filmförderanstalt (FFA) soll nach dem Willen von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) als zentrale Einrichtung Filmabgaben und jurybasierte Finanzhilfen bündeln; ein Diversitätsbeirat soll Gleichstellung und Antidiskriminierung voranbringen. Der von der Bundesregierung auf Roths Vorschlag verabschiedete Entwurf eines neuen Filmfördergesetzes hat bei der Koalition, den Linken und teilweise auch im Unionslager Zustimmung gefunden. Er wird als erster von drei Reformvorhaben bewertet. Filmverbände drängen auf Umsetzung von Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtung. Film-Frauen kritisieren allerdings unverbindliche Regelungen und treten für eine Quote ein. Die erste Beratung im Bundestag zum Gesetzesvorschlag ist für den 26. September, eine Anhörung im Kulturausschuss für den 7. Oktober und die Abstimmung im Parlament für den 16. Oktober festgesetzt. (Seiten 39-41)
Kultur-MK reformiert Kommission - Fachleute für Restitutionsgesetz
Die Beratende Kommission NS-Raubgut wird künftig durch ein Schiedsgericht ersetzt, das verbindliche Entscheidungen trifft. Die Reform soll mehr "faire und gerechte Lösungen" ermöglichen. Politiker:innen und Fachleute fordern, Restitution über ein Gesetz zu verbessern. SPD und Claims Conference treten dafür ein, Betroffenen-Interessen ins Zentrum zu rücken. Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums (BMJ) hat zum Ziel, die Durchsetzung von Herausgabeansprüchen zu vereinfachen. (Seiten 42-43)
LETZTE SEITE:
Doch noch scheiden oder weiter leiden? Eine Buchvorstellung
Auf dem Höhepunkt der Skala standen die Ehescheidungen im Jahr 2023 nicht. Seit dem Jahr 2003 hat sich die Zahl der Scheidungen um 39,7 Prozent auf 129.000 Ehen verringert. Dennoch ging im vergangenen Jahr etwas mehr als jede vierte Ehe in die Brüche.
Nach vielen Ehejahren steht die Frage im Raum „Doch noch scheiden oder weiter leiden?“ Das ist der Titel des Buches der Rechtsanwältin Renate Maltry und des Psychologen Heinz-Günther Andersch-Sattler. Anhand von vierzehn Fallgeschichten, die jeweils als Einleitung in Ich-Form (von acht Frauen und sechs Männern) den einzelnen Kapiteln vorangestellt sind, beleuchten die Autoren entsprechend ihrem Genre juristische Zusammenhänge bzw. psychologische Hintergründe. Beide Blickwinkel sind im Scheidungsprozess wichtig, schließlich ziehe dieser „komplexe emotionale, soziale und eben auch rechtliche Folgen“ nach sich, schreibt Maltry in der Einführung. (Seite 44)
BEILAGE CHANCEN.GLEICHHEIT UND POLITIK
NATONALER BILDUNGSBERICHT 2024
Dr. ERNST DIETER ROSSMANN: Vom "Kuhhandel" zu einem Fixpunkt der empirischen Bildungsforschung"
In verschiedenen Beiträgen hat Dr. Ernst Dieter Rossmann (Bild) für das zwd-POLITIKMAGAZIN die Ergebnisse der nationalen Bildungsberichte (NBB) kommentiert. In Ausgabe 395 (S. 25) hat er die Forderung begründet, warum die Auseinandersetzung mit dem nationalen Bildungsbericht nicht nur auf die Agenda des Bundestages, sondern auch der Landesparlamente gehört. Die Reaktion darauf war bislang, dass die Länder lieber ihre eigenen Bildungsberichte diskutiert wissen wollen.
So bleibt es wiederum dem Bundestag vorbehalten, voraussichtlich Anfang des neuen Jahres den aktuellen NBB 2024 im Bundesparlament auf die Tagesordnung zu setzen. Und gewiss stünde es auch dem Bundesrat als LÄNDERKammer gut zu Gesicht, sich des Berichtes annehmen und die Erörterung nicht allein den Kultusminister:innen zu überlassen.
Rossmanns hier veröffentlichter Essay zu dem 10. Nationalen Bildungsbericht ist sowohl eine Rückschau auf die bisherigen Berichte als auch ein Ausblick auf die Chancen künftiger Berichte, die im Zwei-Jahres-Abstand die Bildungsszene aufrütteln sollen.
„Die Bundesregierung hat es nicht besonders eilig"
“Personalmangel, soziale Ungleichheit, Unterfinanzierung: Die zentralen Befunde des am 17. Juni veröffentlichten Nationalen Bildungsberichts 2024 haben unübersehbar den Handlungsbedarf der Politik bestätigt. Verschiedene Initiativen wie das Bündnis „Bildungswende jetzt“ und ebenso eine Bildungskonferenz von Gewerkschaften und Arbeitgebern am 20. Juni haben vor der Sommerpause Bund, Länder und Kommunen zum entschlossenen Handeln aufgefordert (Seite 29).
Dass der bundesdeutsche Bildungsnotstand – eine der Forderungen – zur echten Chef:innensache von Regierungschef:innen des Bundes und der Länder gemacht würde, ist nicht zu erwarten. Von einer „Trendwende“ (von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) angemahnt) oder von mehr Ehrgeiz, „um das Versprechen des sozialen Aufstiegs für Jugendliche zu erneuern“ (KMK) ist wenig zu spüren. Eher wenig Eile: Die Stellungnahme des Bundes zum Bericht „Bildung in Deutschland“ soll erst Ende des Jahres dem Bundestag zugeleitet werden und wird dementsprechend erst im Wahljahr 2025 im Bundestag zur Diskussion stehen. Und die Kultusministerkonferenz sieht sich in vielen Punkten auf einem guten Weg.
HINTERGRUNDGESPRÄCH: Abhängigkeit des Schulerfolges von sozialer Herkunft ungebrochen
Immer wieder zeigen nationale und internationale Vergleichsstudien - wie jetzt wieder der Nationale Bildungsbericht (NBB) 2024 - die Abhängigkeit der Bildungsbeteiligung und des Bildungserfolgs von sozial bedingten Ungleichheiten. Unser Redaktionsmitglied Ulrike Günther hat darüber mit den Forscherinnen Dr. Josefine Lühe, Sophie Krug von Nidda und Victoria Herrmann-Feichtenbeiner (als Co-Autorinnen des NBB) gesprochen.
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