BUNDESKULTURHAUSHALT 2025 ENTWURF DER REGIERUNG : 2,2-Mrd.-Etat, aber Projekte und Kreativen-Honorare in Gefahr

7. August 2024 // Ulrike Günther

Trotz der im Bundeskulturhaushalt 2025 geplanten Mittelaufwüchse auf über 2,2 Mrd. Euro regt sich Protest gegen den Regierungsentwurf. Bundeskulturfonds, internationale Produktionshäuser, Vertreter:innen der freien Kulturszene und die Gewerkschaft ver.di kritisieren massive Einsparungen bei der Förderung. Sie appellieren an die Koalition, die Pläne zu korrigieren, die wichtige Projekte und faire Honorare gefährden.

 Bundeskulturfonds sind für Förderung der freien Kunstszene wichtig. - Bild: Wikimedia/ F. Fouganthin
Bundeskulturfonds sind für Förderung der freien Kunstszene wichtig. - Bild: Wikimedia/ F. Fouganthin

zwd Berlin. Der Verband Soziokultur NRW zeigt sich angesichts von Sparmaßnahmen bei den Bundeskulturfonds bis um die Hälfte des bisherigen Etats alarmiert. Die oft in mehreren Kulturbereichen aktiven Zentren „beantragen Förderungen in unterschiedlichen Fonds“, erklärte die Geschäftsführerin des Verbandes Heike Herold am Mittwoch gegenüber der Zeitschrift wsp. Diese erhielten die benötigten Mittel nicht als Institutionen und projektunabhängig, sondern aus einzelnen Finanztöpfen. Der Fonds Sozialkultur z.B. soll anstelle von 5,25 Mill. Euro im laufenden Haushaltsjahr vom Bund 2025 nur noch 2,9 Mill. Euro Finanzhilfen bekommen.

Kulturrat NRW: Projekte durch Sparmaßnahmen in Gefahr

Ähnlich kritisch äußerte sich der Kulturrat NRW, der die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Streichung der Fördermittel für das Bündnis internationaler Produktionshäuser beklagt. Mit dem Forum Freies Theater, dem Tanzhaus NRW und dem PACT Zollverein sind im Bundesland gleich drei der sieben Produktionsstätten von den Sparmaßnahmen betroffen. "Projekte laufen ins Leere, Foren für die freie Szene werden eingestellt“, betonte der NRW-Kulturrats-Vorsitzende Lorenz Deutsch in einer Stellungnahme vom 30. Juli, darüber hinaus seien Mitarbeiter:innen von Kündigung bedroht. Durch die Mittelkürzungen bei den Bundeskulturfonds, die besonders auf die freie Künstler:innen-Szene zurückschlagen, würden Förderanträge nun bei den Bundesländern eingereicht.

Aus Sicht von Deutsch befinden sich, die anvisierten Streichungen im Widerspruch zu den Zielsetzungen des Koalitionsvertrages. Dort heißt es, die Regierung beabsichtige, den Bundeskulturfonds „als Innovationstreiber“ auszubauen und „Strukturen der Freien Szene und des Bündnisses der internationalen Produktionshäuser“ zu stärken. Die Intendantin der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel Amelie Deuflhard hob hervor, dass allein die Bundeszuschüsse andauernde Förderung absicherten. Die Einsparungen würden „zu einer massiven Reduktion unseres Spielplans führen", sagte Deuflhard dem NDR.

ver.di: Mittelkürzungen für neu eingeführte Basishonorare nachteilig

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, das Bündnis der internationalen Produktionshäuser und die Bundeskulturfonds beanstandeten in öffentlichen Appellen und Mitteilungen die im Regierungsentwurf eingeplanten drastischen Mittelstreichungen in der freien Kunst- und Kulturszene. ver.di bemängelte die Finanzkürzungen v.a. in Hinsicht auf die erst Anfang Juli eingeführten Untergrenzen für Honorare von Kreativen. Die Sparmaßnahmen hätten „dramatische Auswirkungen“ auf das Umsetzen fairer Honorare sowie die Erhaltung eines vielfältigen, kritischen Kulturlebens, mahnte die Gewerkschaft in einer Online-Stellungnahme vom 29. Juli.

In dem insgesamt gestiegenen Etat von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (BKM, Die Grünen) setze diese „für 2025 die falschen Prioritäten“, unterstrich ver.di-Bereichsleiterin für Kunst und Kultur Lisa Mangold. Man könne „sich nicht auf der einen Seite für Honoraruntergrenzen starkmachen und auf der anderen Seite vor der Finanzierung drücken“, so Mangold. Die Gewerkschaft forderte, gemeinsam mit den Betroffenen, Kultureinrichtungen und -vereinen den Protest „gegen die faktische Zusammenstreichung der freien Kulturszene“ zu organisieren.

Bündnis der Produktionshäuser und Kulturfonds appellieren an BKM

Das Bündnis der internationalen Produktionshäuser, das sieben Spielstätten in Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Dresden und Essen umfasst, monierte in einem offenen Protestschreiben vom 19. Juli die mit dem beschlossenen Haushaltsentwurf in Aussicht genommene Einstellung der Bundes-Finanzhilfen. Dadurch könnten die „Theaterhäuser ihre Arbeit miteinander und ihre gemeinsamen Projekte und Initiativen“ nicht mehr fortsetzen. Wie die Bundeskulturfonds, die einen Tag vorher missbilligend zum Kabinettsbeschluss Position bezogen, appellierten sie an die Bundestagspolitiker:innen, den Entwurf zu korrigieren. Das Bündnis brauche „dringend eine gestärkte und verstetigte Förderung“.

Die Bundeskulturfonds für Kunst, Musik, Literatur, Darstellung, Übersetzung, Soziokultur warfen Staatsministerin Roth vor, die verminderten Mittelzuwendungen würden die „perspektivische Fortführung“ der 2024 mit den erhöhten Fördersätzen für die Verbände zur Finanzierung der freien und darstellenden Künste begonnenen Arbeit gefährden. Dass die Regierung, nachdem sie das Koalitionsziel einer nachhaltigen Stärkung der bundesweiten Kulturfonds im laufenden Haushaltsjahr eingelöst habe, die Unterstützung nun in etwa halbiere, irritiere deshalb umso mehr, da man „gerade erst neue Förderlinien und Programme“, teilweise in Kooperation mit Ländern, Gemeinden oder Akteur/:innen des Kulturlebens, „entwickelt und erstmalig ausgeschrieben“ habe oder sogar noch aktuell erarbeite.

BKM: Etat stärkt Filmförderung und Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Wie ver.di konstatieren die Bundeskulturfonds mit Blick auf die voraussichtlichen Zuwächse im Kulturetat, die Budgetierung der Fördervereine scheine in erster Linie „eine Frage der Priorisierung“ zu sein. Sie riefen die BKM und die Parteien der Koalition dazu auf, durch eine dringend benötigte Korrektur des Entwurfs zu ermöglichen, dass man in der gemeinsam gewählten Richtung erfolgreich voranschreiten könne. Demgegenüber lobte Kulturstaatsministerin Roth den vom Bundeskabinett am 17. Juli vereinbarten Haushaltsplan der Koalition, der mit rund 2,2 Mrd. Euro sogar höher ausfällt als die im Vorjahresentwurf veranschlagten Gesamtausgaben. Damit erweise sich die Regierung auch in schwierigen Zeiten als „verlässlicher Förderer unserer Kultur- und Medienlandschaft“, man könne trotz der Rahmenbedingungen die kulturpolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag „weiter voranbringen“.

Insbesondere stärkt der Etat der BKM die kulturelle Filmförderung mit zusätzlich 11,3 Mill. Euro inklusive Kino-Finanzhilfen (7 Mill. Euro). Die Zuschüsse für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz stockt der Bund nach Angaben der BKM um weitere 17 Mill. Euro auf, der Kulturpass wird weiter angeboten, der Auslandssender Deutsche Welle soll im Vergleich mit der Finanzplanung 25 Mill. Euro mehr erhalten. Der Kulturetat fördert die „wichtige Arbeit der Gedenkstätten“, ein Betrag von einer Mill. Euro soll Fortschritte bei der Errichtung des Deutsch-Polnischen Hauses bewirken.

AA: Streichungen bei auswärtiger Kulturpolitik unterproportional

Ebenfalls Mitteleinsparungen erfährt im Regierungsentwurf die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. die Aussagen des Außenministeriums zufolge im Bundeshaushaltsplan mit fast 945 Mill. Euro eingepreist ist, rund 55 Mill. Euro weniger als im Entwurf für 2024. Verglichen mit anderen Finanzkürzungen des Ministeriums würden die Streichungen in der Kulturpolitik „deutlich unterproportional“ ausfallen, teilte das Auswärtige Amt (AA) mit. U.a. müsse man Förderhilfen für Kultur- und Pressebereiche in den eigenen Auslandsvertretungen einschränken. Umgekehrt habe man zugunsten des Aufrechterhaltens vorhandener Verbindungsstrukturen dafür gesorgt, dass die finanzielle Unterstützung von Institutionen (ca. die Hälfte des auswärtigen Kulturhaushalts) durchschnittlich bloß um knapp 4 Prozent sinke, d.h. weniger als im Gesamtetat des AA.

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